"Reichsbürgerpost" in Briefkästen: Ermittlungen laufen

25.9.2020, 14:37 Uhr

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"Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Sie sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren keine amtlichen Bescheide. Und Nietsches sind nicht die Adressaten ihrer Thesen. In den vergangenen Wochen haben Unbekannte in Höchstadt und Umgebung wohl großflächig Handzettel und Büchlein verteilt. Diese verweisen unter anderem auf die Webseite der Gruppierung "Ewiger Bund".

Dort bedient man sich der in der Selbstverwalterszene üblichen Verschwörungstheorien, wonach die Deutschen durch Verschweigen von Fakten durch Medien manipuliert werden. Vor allem wird gefordert, das Kaisertum wieder einzuführen. Anfang August hat der "Ewige Bund" für einen Polizeieinsatz am Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Porta Westfalica (Nordrhein-Westfalen) gesorgt, weil sich rund 20 Personen dort unangemeldet versammelt hatten – teils mit Reichskriegsflaggen in den Händen.

Michael Konrad, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Mittelfranken, bezeichnet den Inhalt der im Großraum Höchstadt verteilten Flyer als "typische Reichsbürgerpropaganda." Den Kollegen vom Staatsschutz in Erlangen seien die aktuellen Verteil-Aktionen selbstverständlich nicht entgangen. Strafrechtlich Relevantes sei nicht aufgetaucht. "Aber", meint Konrad, "wir haben die Szene im Blick." Es werde ermittelt, wer die Postwurfsendungen verteilt.

Fühlen sich gegängelt

Im Großraum Erlangen sei "eine niedrige zweistellige Zahl an Personen amtlich bekannt", die der heterogenen Reichsbürger-Szene angehören. "Sie fallen nicht auf durch aktive Gewalt, aber bei Zusammenstößen mit der Polizei kommt es immer wieder zu Nötigungen oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Denn sie fühlen sich gegängelt vom Staat, den es aus ihrer Sicht gar nicht gibt."

Wie fatal die Folgen dieser Ideologie sein können, hat sich am 19. Oktober 2016 in Georgensgmünd gezeigt. Dort tötete ein 50-jähriger Szeneangehöriger einen Polizeibeamten und verletzte drei weitere Angehörige eines Sondereinsatzkommandos, die Schusswaffen bei ihm sicherstellen wollten. Die derzeitigen Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie wirkten wie "Öl ins Feuer", meint Pressesprecher Konrad, für das Gefühl gegängelt zu werden. Das sieht er mit als möglichen Grund, warum die Verteilaktion zum jetzigen Zeitpunkt erfolgt ist.

Die Austräger sind im Übrigen nicht besonders um Geheimhaltung bemüht. "Wir hatten auch entsprechende Post im Briefkasten", berichtet Sabine Röhrer, die Chefin der Polizeiinspektion Höchstadt. Probleme mit einer "Szene" gebe es in Höchstadt aber nicht. "Es ist eher ruhig", meint sie.

Dieselbe Erfahrung macht Bürgermeister Gerald Brehm. Es gebe zwar Einzelfälle, in denen versucht wird Ausweis und Reisepass zurückzugeben. Bei derartigen Konflikten werde er aber hinzugezogen. "Wir konnten das im direkten Gespräch lösen", sagt der Rathauschef.

Sondermüll?

Der Verein "Die deutschen Konservativen", der als Herausgeber der beigelegten Büchlein "Corona-Hysterie" fungiert, ist im Verfassungsbericht als "rechtsextrem" eingestuft worden. Hier bremst Polizeisprecher Konrad aber Befürchtungen. Die Gruppierung sei vor allem in Norddeutschland aktiv und habe hier kein bekanntes Netzwerk.

Konrad rät jedem, der entsprechende Post im Briefkasten findet, bei der örtlichen Polizeiinspektion Bescheid zu geben. Viele Höchstadter haben das auch getan. Und Michael Nietsche fragt sich augenzwinkernd: "Kann das in die Papier-Tonne oder muss ich das als Sondermüll entsorgen?"