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HESSDORF / BONN - Die Extrem-Temperaturen dieses Sommers mit krassem Regenmangel in Franken und einer Dürre, die auch zu einer Verteuerung von Lebensmitteln führen wird, machten deutlich, wie wichtig Wasser für das Leben jedes Einzelnen ist. Über „Wassermanagement“ und Wasser als eine der bedeutendsten Ressourcen forscht eine Wissenschaftlerin vom Geographischen Institut der Universität Bonn international: Nadine Reis, die ursprünglich aus Heßdorf kommt.

In Vietnam paddelte sie 2008 auf Booten durch die Flussarme des riesenhaften und weitverzweigten Mekong, in Mexiko wird sie demnächst weiter über „Land- und watergrabbing“, die Umverteilung von Land und Wasser von Bauern hin zu Immobilienunternehmen, forschen. Nadine Reis studierte Geographie, Soziologie und Politik an der Freien Universität in Berlin mit Schwerpunkt auf Entwicklungsforschung.

Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive hat sie sich auf das Thema Wasser fokussiert – Wasser als einem der entscheidenden Machtinstrumente der Zukunft, als einer der Grundfunktionen des Staates, eine Ressource, die für jeden Bewohner der Erde gleichermaßen unerlässlich ist. Ferner eine Ressource, ohne die weder industrielle noch menschliche Entwicklung möglich ist.

Anlässlich des WISDOM-Projekts, das ein wasserbezogenes Informationssystem für die nachhaltige Entwicklung des Mekong-Deltas zum Ziel hatte, beschäftigte sich die promovierte Soziologin – im Übrigen ist sie die Tochter von Kurt Reis, Gründer der Band „Motion Sound“ – mit dem Zusammenhang von ungleicher Entwicklung, Zugang zu Trinkwasser und Armut. Informationen aus Hydrologie, Soziologie, Informationstechnologien und Erdbeobachtung flossen in das Projekt.

Wie wird entschieden?

Für die GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) war sie ferner einige Monate in Mexiko, um für ihre Diplomarbeit zu recherchieren. Im Oktober beginnt sie einen weiteren Forschungsaufenthalt in Mexiko. Wie werden in einem Staat wie Vietnam Entscheidungen getroffen, die sich auf die Nutzung und Verteilung von Wasser beziehen? Wie geht der Staat mit dem Problem der Wasserverschmutzung um? Inwieweit wird auf die Bedürfnisse der Bevölkerung Rücksicht genommen?

Dies waren unter anderem die Forschungsfragen des Projekts.

Im Team dabei waren auch Naturwissenschaftler, die die Belastung der Gewässer mit Pestiziden untersuchten.

Nadine Reis führte Interviews mit Behörden-Vertretern und in Haushalten – alles musste vorab von den Organen genehmigt werden. Vertreter des Volkskomitees waren stets zugegen.

In Vietnam, das aus den Zeiten als Teil Chinas noch immer konfuzianisch geprägt ist, das heißt diesseits-orientiert, regiert im Norden seit Ende der Kolonialzeit, im Süden seit Ende des Vietnam-Krieges die kommunistische Partei.

Das Wissenschaftler-Team stieß auf eine Reihe komplexer Probleme. Viele Menschen in Vietnam können es sich aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage nicht leisten, einen Brunnen zu bohren und nutzen daher das oft durch Industrie-Einleitungen stark belastete Oberflächenwasser für ihre Versorgung.

Das Wasser ist überdies verunreinigt durch intensive Landwirtschaft wie den Reisanbau – Vietnam ist der zweitgrößte Reisexporteur der Welt – und die Zucht des Pangasius-Fisches.

In Vietnam als Staat mit dem intensiven Ehrgeiz eines wirtschaftlichen Aufschwungs werden oft die Bedürfnisse der Landbevölkerung den Kriterien der Wirtschaftlichkeit und den ökonomischen Konzepten der Parteikader untergeordnet.

Trotz der Anstrengungen einer Vielzahl von Entwicklungsorganisationen seien „informelle Strukturen wirkmächtiger als die formellen“, lautet eines der wissenschaftlichen Ergebnisse.

Die Ausmaße von Umweltveränderungen und Armut sind auch beim zweiten Themenkomplex zentral, den Nadine Reis nächstens weiterbearbeitet: Die Kontrolle von Land im großen Maßstab in Mexiko.

„Dies sind zwei unterschiedliche Studien in sehr verschiedenen Ländern“, führt die Wissenschaftlerin im telefonischen Interview mit den Nordbayerischen Nachrichten dazu aus. „Und doch hängen die Themen zusammen und man wird automatisch vergleichen.“ Anfang Oktober bricht sie erneut nach Mexiko auf – nach einem „Elternurlaub“ in Heßdorf.

Publikationen (Auswahl:) Reis, N. (2012): Tracing and Making the State. Policy Practices and Domestic Water Supply in the Mekong Delta, Vietnam. Berlin: LIT., Reis, N. (2012): Den Hunger bekämpfen. Unsere gemeinsame Verantwortung für das Recht auf Nahrung.