Vom Eisregen etwas verhagelt
28.01.2013, 17:58 Uhr
Der Magnet schlechthin ist natürlich das Bekleidungshaus Murk, das mit einer Sonderrabattaktion für Wintersachen gelockt hat. Da hat auch Richard Raab, ein Arzt aus dem benachbarten Schlüsselfeld, zugeschlagen: Ohne feste Kaufabsichten gekommen, nahm er schließlich eine gefütterte schwarze Lederjacke mit nach Hause. An Arbeitstagen, zu den normalen Öffnungszeiten, empfängt der Mediziner Patienten in seiner Praxis oder macht Hausbesuche. Auch Heike und Reinhard Fischer aus Lauf nutzten den Sonntag zum Shoppen. „Wir kaufen nur am Wochenende ein. Anders geht es bei uns nicht, wir sind schließlich beide berufstätig“, sagt Heike Fischer, während sie Trachtenkleider begutachtet. Ihr Mann, beruflich viel unterwegs, weiß: „In anderen Ländern ist es ganz normal, dass die Läden rund um die Uhr aufmachen“.
Nicht unbedingt wünschenswert
Geschäftsführer Johannes Murk, der die erlaubten Öffnungszeiten nicht bis zum Limit ausnutzt, hält das persönlich nicht unbedingt für wünschenswert.
Der Unternehmer glaubt aber: „Längerfristig ist das nicht aufzuhalten. Es gibt auch Leute, die an sechs Werktagen zur Arbeit gehen.“ Die Sonntagskundschaft ist im Schnitt jünger, meist berufstätig und reist von weiter her an, so seine Einschätzung.
Die deckt sich mit den Beobachtungen der Verkäuferin in der Confiserie, die vor einigen Monaten auf dem Parkplatz aufgemacht hat. Etwas Süßes zum Mitnehmen ist sonntags wie werktags gefragt und so kann sie übers Geschäft nicht klagen.
Ganz klaglos ist man im Obst- und Gemüsestand nebenan nicht. „Seit ein paar Jahren spürt man, dass die Leute nichts mehr ausgeben wollen“, hat Carlo Graf registriert. Die verkaufsoffenen Sonntage aber nehmen er und seine Frau Christine gern mit. „Da würde ich lieber an einem Tag unter der Woche mal zumachen“, so die Händlerin.
Dass es in der „Konsummeile“, wie Bürgermeister Friedrich Gleitsmann die Ansammlung großer und kleiner Geschäfte am Ostende des Dorfes getauft hat, am vergangenen Sonntag nicht ganz so wie gewohnt gebrummt hat, führten viele Verkäufer auf die Warnmeldungen vor Eisregen zurück.
Nur der Albacher Fischhändler Ottmar Philipp fühlt sich in seinem Verkaufswagen irgendwie fehl am Platz. Fische würden eher am Freitag oder Samstag nachgefragt, sagt er und deutet an, dass seine sonntägliche Präsenz wohl ein einmaliges Experiment bleiben wird.
Ganz anders Sigrun Schmidt, die sich mit Bäckerei, Cafe und Restaurant ohnehin fest angesiedelt hat. Am Wochenende grillen sie und ihre Leute obendrein Bratwürste in einem Stand am Eingang. „Das ist so ein Zusatzgeschäft, das ist gar nicht verkehrt“ sagt sie und geht einen Schritt zur Seite, um für hungrige Kundschaft Platz zu machen. Brötchen, Kuchen und Torten waren sehr begehrt, zum Mitnehmen ebenso wie im Cafe.
Suche nach Schnäppchen
Gerade dort sind die Synergieeffekte zu beobachten: Die einen gönnen sich nach dem Einkauf einen Kaffee. Andere haben ihren Sonntagsausflug für ein Tässchen unterbrochen und schauen sich bei dieser Gelegenheit auch einmal im Bekleidungshaus oder im Schuhgeschäft nach Schnäppchen um. Im Bekleidungshaus mussten die Käufer an den Kassen am Nachmittag schon etwas Geduld mitbringen, bevor sie an der Reihe waren. Allerdings waren es am Samstag deutlich mehr, so Johannes Murk. Den Grund dafür vermutet auch er in der Angst vorm Eisregen, der an diesem Nachmittag dann ausgeblieben ist.
Niemand soll im katholischen Wachenroth durch die Ausnahmeregelung vom sonntäglichen Kirchgang abgehalten werden. Erst um 12 Uhr öffnen Türen und Tore. Um 17 Uhr ist wieder Schluss.
Christine Graf vom Obststand indes freut sich auf die drei weiteren offenen Sonntage in den wärmeren Monaten. Da brächten einige Aktionen zusätzliches Leben auf den Vorplatz, sagt sie mit Blick auf einen trüben Himmel und die warm eingemummten Passanten. Warum gerade dieser letzte Sonntag im Januar offen ist? Das weiß auch Carlo Graf nicht. Als zusätzlicher Anschub kommt er den Geschäftsleuten in dieser eher mauen Jahreszeit aber sehr gelegen, meint der Gemüsehändler.
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