Wiener Melange zum Jahresstart
20.1.2020, 14:00 UhrOhne Zweifel ist ein Neujahrskonzert ohne Johann Strauß nicht besser, als ein Weiher ohne Karpfen. Dem sind sich auch die Damen des Damensalonorchester Bella Donnas bewusst. Deshalb präsentieren Zsuzsa Zsizsmann, Mascha Rajkovic, Gudrun Bähr, Valerie Sattler, Katrin Triquart und Anna Balint zum Auftakt die Fledermaus-Ouvertüre.
Ein klassischer Beginn – obwohl das Ensemble alles andere ist, als ein gewöhnliches Orchester. Denn die sechs in noble Abendkleider gewandeten Damen spielen zwar klassische Musik auf echten Instrumenten. Doch sie zelebrieren ihre Kunst, aufgepeppt durch kurzweilige, moderative Zwiegespräche der Protagonistinnen, als wohltuendes Unterhaltungsprogramm. Hier wird mit der körperfeindlichen Mode der Kaiserzeit kokettiert, dort der Bartschnitt von Johann Strauß karikiert.
Doch nicht nur die Mieder der höfischen Gesellschaft, auch zeitgenössische Kleidung hat manch zweifelhaften Vorzug. "Die moderne Frau trägt Minirock. Besonders selbstbewusste Damen kombinieren diesen mit einem bauchfreien Oberteil. Dann ist auch der letzte Sachertorten-Exzess noch gut sichtbar", bemerkt Katrin Triquart.
Das liebevolle Lästern, es gehört zu Wien wie noch so manch andere Eigenheit. Johann Schrammel hat diesen seinen Klassiker "Wien bleibt Wien" gewidmet. Das Damensalonorchester setzt diesen so engagiert um, dass es ein Musikkorps nicht mitreißender hätte tun können. Doch auch bei einfühlsameren Passagen genehmigen sich die Profis keine Schwäche. Im Gegenteil.
So gerät "Draußen im Sievering blüht schon der Flieder", einem Motto der Operette "Die Tänzerin Fanny Elßler" aus der Feder Johann Strauß’ Sohn, zu einem selten berührenden Erlebnis. Dazu trägt natürlich Eva Bernard bei. Im Gegensatz zu einer ganzen Aufführung hat sie keine Zeit, sich in die Rolle zu finden – und doch ist sie nach nur wenigen Takten eins mit Fanny Elßler, was die staunenden Zuhörer regelrecht bannt.
Anders als bei den Wiener Philharmonikern kommt das Höchstadter Neujahrskonzert unter der Regie von Pro Musica ohne Dirigenten aus. Die quirligen Damen halten auch so Takt und Disziplin. Platz für erfrischende Albernheiten ist dennoch genug. So hat sich in das anspruchsvolle Konzertprogramm plötzlich mit "Mein kleiner grüner Kaktus" der Swing der 1920er Jahre gemogelt. Passend dazu dekoriert Valerie Sattler auf der Bühne einen bauchigen Kaktus. "Diesen Schwiegermuttersitz habe ich sonst im Wohnzimmer. Als stille Mahnung für Gäste, den Besuch nicht endlos auszudehnen."
Schließlich raten die Damen ihrem Publikum noch, keine Aktien zu kaufen, stets den Ehepartner im Auge zu behalten und eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Wer dies befolge, müsse ein gutes Jahr 2020 erleben – auf welches das Ensemble schließlich mit einem Glas Sekt anstößt. Bevor der Abend mit "Spiel ich die Unschuld vom Lande" aus der Fledermaus unter tosendem Beifall ausklingt.
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