Ziel in Herzogenaurach: Rathaus kauft klimafreundlich ein
30.1.2021, 08:00 UhrDie überwiegende Mehrheit des Gremiums trug die Beschlüsse mit – Fragen zur Realitätstauglichkeit blieben nicht aus.
Mignon Ramsbeck-Ullmann, Klimaschutzbeauftragte der Stadt Herzogenaurach, unterstrich erneut die 17 Nachhaltigkeitsziele, bereits im Planungsausschuss vorberaten.
Sie sollten mit der Erklärung "2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten" als Grundsatzbeschluss verankert werden. Ebenso sollte "nachhaltige Beschaffung" bei der Stadt festgelegt werden, schließlich ein Grundsatzbeschluss getroffen werden zur Vorgabe energetischer Neubaustandards beim Verkauf städtischer Grundstücke.
Mit der Ankündigung, dagegen stimmen zu wollen, verlas der AfD-Stadtrat Roland Reichelsdorfer eine mehrminütige Erklärung, in der er die Ziele, "vergleichbar der Seenotrettung" als "Wohlfühlpropaganda" bezeichnete.
Ohne explizite Antwort rief Retta Müller-Schimmel (Bündnisgrüne) die Gründung des Allerweltsladens 1982 in Erinnerung. Schon 2005 seien erstmals in der Stadt Waren zum fairen Preis verkauft worden: "Es geht um Verhaltensänderung, damit wir uns überlegen, was wir kaufen."
Überleben
Aus "wertkonservativer" Perspektive stimmte Franz-Josef Lang (CSU) den Grundsatzbeschlüssen zu: "Wir verfügen über neues Wissen. Es geht um das Überleben der Menschheit." (Applaus).
"Vision, Mission und Ziele" brauche es, um etwas zu erreichen, bekräftigte Holger Auernheimer (SPD): "Schwarz-Weiß-Denken ist falsch."
Mit Ernte teilen von Bernhard Nix, engagiert für Cajamarca in Peru, habe nachhaltiges Denken in Herzogenaurach schon vor Jahrzehnten angefangen, meinte Manfred Welker (Freie Wähler).
Als "alternativlos" sah Bürgermeister German Hacker Aktivitäten gegen den Klimawandel: "Gegenüber dem Strahlungsgesetz von Max Planck können wir nicht sagen, wir warten noch." Als lokales Handeln listete er auf: LED-Leuchten bei der Straßenbeleuchtung, KfW-Energiestandards bei Bau und Sanierung, Beteiligung an der Biogas-Anlage in Mammendorf, CO2-Minderung mit dem Umbau des städtischen Fuhrparks. Mit einer Gegenstimme wurde der Grundsatzbeschluss getroffen.
"Nachhaltige Beschaffung" wurde indes einer genaueren Prüfung unterzogen. Erreicht werden soll, so Mignon Ramsbeck-Ullmann, dass "die Verwaltung Verantwortung übernimmt für das, was wir kaufen, Produktionsverfahren und Lieferketten beachtet werden." 8 Millionen Euro an Produkten und Dienstleistungen seien nachhaltig zu beschaffen – die E-Flotte, Kaffee, Tee, Schokolade, Marketingprodukte und mehr.
SPD-Rat Curd Blank, auch beruflich mit dem Thema befasst, sah es nicht unproblematisch. Solange kein zentraler Einkauf in der Stadtverwaltung existiere, beschaffe jeder, "was er denkt".
Zu achten sei auch auf Lieferanten und zertifizierte Dienstleister. Man sollte sich orientieren an Kriterien der Deutschen Gesellschaft nachhaltiges Bauen, regional, lokal einkaufen. Oftmals hinderten jedoch rechtliche Zwänge, ein "Paradebeispiel sind die Rathausfenster".
"Obskure Äußerungen"
"Die obskuren Äußerungen des Herrn Reichelsdorfer sind für mich nicht logisch. Hier wird es konkret. Man muss mal anfangen trotz der Zielkonflikte", äußerte sich Konrad Körner (Junge Union). Ein zentraler Einkauf schließe kleine Unternehmen allerdings oft aus.
Bedenken äußerte auch die Leiterin des Bauamts, Silke Stadter: "Je genauer die Kriterien sind, desto genauer müssen wir sie in die Ausschreibung reinnehmen." Sie warnte vor Zusatzaufwand, Zeitverlust und Ausschluss der Mittelständler. Bei öffentlichen Bauherrn sei das Ausschreibungsverfahren sehr aufwendig. Ihr pflichtete Bernhard Schwab (CSU) bei, der fürchtete, die heimische Wirtschaft werde leiden.
Es gebe bereits Städte oder Verbände, die nach diesen Kriterien ausschreiben, so die Grünen-Rätin. Auch lokale Geschäfte seien in der Lage, ökologisch zu agieren. Bei zwei Gegenstimmen wurde der Grundsatzbeschluss angenommen.
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