Kein Leistungsdruck am "Jenaplan-Gymnasium Nürnberg"
14.2.2012, 07:50 UhrDenn nur wenige Monate nach der Eröffnung im ehemaligen Quelle-Gebäude an der Fürther Straße musste die reformpädagogische Privatschule im Dezember 2010 wieder ausziehen, weil in den Räumen eine erhöhte Schadstoffkonzentration festgestellt wurde.
Seitdem ist die Schule in der ehemaligen Pfisterschule zuhause. Geschadet hat der Umzug niemanden. „Wir haben inzwischen eine Stabilität im Schulleben erreicht, die andere erst nach vier oder fünf Jahren schaffen“, sagt Bernd Beisse vom Vorstand der Schul-Genossenschaft. „Wir haben ein sensationelles Team und sind glücklich über diese engagierte Schulleitung“, so Beisse weiter.
Das muss auch so sein, denn das Konzept ist ehrgeizig. Am Jenaplan-Gymnasium sollen die Kinder aus sich selbst heraus zum Arbeiten motiviert werden. Es gibt keine Klassen, sondern Stammgruppen, in denen jeweils drei Altersgruppen miteinander lernen. Zu jeder Stammgruppe gehört ein Lehrer und ein Sozialpädagoge.
Die Eltern geben dabei den Nachwuchs nicht einfach ab, sondern sind in verschiedenen Arbeitsgruppen Teil der Schulfamilie. Claus Bettag, der sich unter anderem als Elternbeirat einbringt, ist froh darüber. „Wir können uns einbringen. An anderen Schulen muss man sich anmelden, wenn man das Gebäude betritt.“ Hier laufe das Leben auf einer anderen Basis.
In der Tat mutet das Gymnasium gerade in Zeiten von G8 wie ein bunter, freier Mikrokosmos in der bayerischen Schullandschaft an, in dem es eben keinen Notendruck gibt. Statt Zensuren gibt es hier sogenannte Kompetenzpunkte, die für jedes Alter und jedes Fach definiert sind. Und statt Klassenzimmern gibt es Lernwerkstätten. Es gibt Projekte statt Stunden, ein rhythmisiertes Ganztageskonzept mit fächerübergreifendem Lernen.
„Früher ging es um Wissensvermittlung, heute darum, mit Information und Wissen umzugehen“, sagt Bernd Beisse. Kreativität müsse gefördert werden, wie auch soziale Kompetenz in Zeiten einer multikulturellen Gesellschaft. Man wolle einen „modernen Weg zum Abitur“ gehen. Das Musizieren und der Sport spielen dabei eine große Rolle im Schulalltag.
Nur, wo dieser Weg weiter bestritten wird, ist noch unklar. Im Moment besuchen 125 Kinder bis zur achten Klasse die Schule. Ziel ist der Ausbau auf 400 Kinder. Doch fehlende Schüler sind nicht das Problem. Im Gegenteil. Die Schüler kommen nicht nur aus Nürnberg oder Fürth, sondern auch aus Bamberg oder Forchheim. Immer mehr Eltern wünschen sich ein anderes Lernen — auch wenn sie dafür zahlen müssen.
Denn nennenswert bezuschusst wird das Jenaplan-Gymnasium als Privatschule in Bayern erst im siebten Jahr, weshalb ein Schulplatz derzeit 380 Euro im Monat kostet. Aber auch nach dieser Frist wird Schulgeld fällig werden, weil der Freistaat Privatschulen grundsätzlich nur zum Teil fördert.
Die Nachfrage nach dem reformpädagogischen Angebot ist dennoch groß, wie Schulleiter Matthias Schwaiger berichtet. „Wir haben extra eine weitere Stammgruppe gegründet, um mehr Schüler aufnehmen zu können.“ Doch die Platzkapazitäten seien eben wegen des anderen Lernkonzepts beschränkt.
Mit einem Klassenzimmer pro Gruppe ist es nicht getan, deshalb wird das jetzige Gebäude sicher nur eine Übergangslösung bleiben. Kommendes Jahr, so hofft man, können alle in ein anderes Schulhaus umziehen, das dem Konzept mit dem großen Raumbedarf Rechnung trägt. „Entschieden ist aber noch nichts“, sagt Matthias Schwaiger. Bei der Stadt würde man sich über eine Fürther Lösung freuen. „Wir würden es begrüßen, wenn die Schule hier bliebe“, sagt Bürgermeister und Schulreferent in Fürth, Markus Braun. Schließlich bereichere die reformpädagogische Einrichtung die Fürther Schullandschaft. Ein Grundstück sei der Schule bereits angeboten worden.
Claus Bettag vom Elternbeirat sieht die Frage, ob Fürth oder Nürnberg, relativ emotionslos — auch wenn er selbst Fürther ist. Für Bernd Beisse vom Vorstand der Genossenschaft ist aber bereits heute sicher: „Ein Provisorium soll es nicht werden, sondern eine dauerhafte Lösung.“
Mehr Informationen unter www.jenaplangymnasium.de
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