Klimawandel: Ein Bayer will die Wüsten begrünen
22.8.2019, 06:00 UhrDie Wüsten wachsen. Scheinbar unaufhaltsam. Trockengebiete machen bereits etwa 40 Prozent der globalen Landmasse aus. Jedes Jahr kommen 70.000 Quadratkilometer hinzu, die Sahara hat sich seit 1920 um zehn Prozent ausgedehnt.
Eduard Kastner, Medienunternehmer aus Wolnzach in der Hallertau, will das ändern. Riesige Parabolrinnenkraftwerke mit ihren gewölbten Spiegeln sollen in der Wüste Sonnenenergie in Strom umwandeln, wodurch leistungsfähige Entsalzungsanlagen angetrieben werden.
"Saudi-Arabien will mehr als eine Milliarde US-Dollar in das Projekt stecken“, sagt Kastner, der bei der praktischen Umsetzung aber noch relativ am Anfang steht. „Zwei Drittel der begrünten Wüsten sollen landwirtschaftlich genutzt werden, auf einem Drittel soll Wald stehen“, konkretisiert Kastner seine Vision, die zwar sehr optimistisch gedacht, aber nicht nur ein Hirngespinst ist.
Ägypten setzt Haushaltsabwasser zur Bewässerung ein
Mit etlichen Forschern der TU München hat er bereits Kontakte geknüpft. Reinhard Mosandl etwa, Professor für Waldbau, hat bei einem großen Aufforstungsprojekt in Ägypten mitgewirkt. Mit vorgereinigtem Abwasser der Städte werden dort die Wüsten begrünt.
"Mit wenig Geld kann man dort, wo viel Land zur Verfügung steht und die Arbeitskräfte billig sind, viel größere Effekte erzielen als bei uns“, betont Mosandl. Mit den vorhandenen 5,5 Milliarden Kubikmetern Abwasser pro Jahr könnten in Ägypten 650 000 Hektar Wüste aufgeforstet werden, rechnet Mosandl vor.
"Für Gemüse wäre mir das Abwasser zu riskant, und Industrieabwasser sollte man auch nicht nehmen. Aber für Bäume ist das vorgereinigte Haushaltsabwasser wunderbar geeignet und liefert gleichzeitig gleich Nährstoffe. Das Zeug wächst dort wie der Teufel“, erzählt der Waldbau-Professor. Bei der Stadt Ismailia wurden versuchsweise 4000 Hektar aufgeforstet, Hunderttausende weitere sollen folgen. Vierjähriger Zitroneneukalyptus ist dort bereits 20 Meter in die Höhe geschossen.
Windschutzhecken in lebensfeindlicher Umgebung
Einfach ist ein dauerhafter Erfolg natürlich trotzdem nicht. Man muss die richtigen Baumarten finden, braucht Personal für die Betreuung und eine funktionierende Forstverwaltung. Bevor die Bäume kommen, müssen in der lebensfeindlichen Wüstenumgebung Windschutzhecken gepflanzt und bewässert werden. "Aber es geht. Auch Deutschland war mal ein ziemlich devastiertes Land. Dann kamen erst die Nürnberger Tannensäer um Peter Stromer im Reichswald und später die nachhaltige Waldbewirtschaftung“, sagt Mosandl.
Die forstlichen Probleme seien alle lösbar. Wichtig sei nur, dass man gemeinsam mit der einheimischen Bevölkerung den richtigen Weg findet. Vor allem müsse man auch eine anhaltende Nachfrage aufbauen. "Es braucht Abnehmer für das Holz, das dann wächst“, verdeutlicht Mosandl.
"In Zukunft werden wir sehr viel mehr Meerwasserentsalzungsanlagen sehen. Es gibt viele Riesenstädte in Küstennähe, die schon heute sehr schwer mit Trinkwasser zu versorgen sind, auch in Kalifornien. Außerdem Kapstadt, Chennai in Indien oder Karachi in Pakistan", sagt Thomas Hamacher, Professor für Erneuerbare und nachhaltige Energiesysteme an der TU München.
Bisher seien solche Anlagen meist in unmittelbarer Nähe großer Kraftwerke (in ganz großem Stil und mit Erdöl befeuert etwa in Dubai), in Zukunft könne man aber den enormen Energiebedarf der Anlagen senken und durch erneuerbare Energien sicherstellen.
"Robuste, kostengünstige Entsalzungsanlage"
Eduard Kastner setzt bei seinem Wüsten-Projekt unter anderem auf die Forschungen von Markus Spinnler vom Lehrstuhl für Thermodynamik an der TU München. "Wir wollen eine robuste, kostengünstige, energieeffiziente Entsalzungsanlage entwickeln", sagt er. Noch in diesem Jahr soll dafür ein Forschungsantrag bei der Europäischen Union eingereicht werden.
Die extrem energieintensiven Entsalzungsmethoden wie im Nahen Osten sind derzeit auf dem Rückzug. Oft wird nun auf Umkehrosmose gesetzt, bei der das Salzwasser durch eine Membran gepresst wird.
Zur Umsetzung von Kastners Plänen hält Spinnler aber die Feuchtluftdestillation für die erfolgversprechendste Technologie. Dabei wird der natürliche Niederschlagszyklus nachgeahmt. Reines Wasser verdampft in der Anlage, während das Salz am Boden bleibt. Weil für das Verfahren nur Temperaturen von 60 bis 85 Grad benötigt werden, genügt die Energie aus großen Solaranlagen. In den kommenden drei Jahren sollen mehrere Versuchsanlagen aufgestellt werden, wahrscheinlich in Südspanien.
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