Kommunalpolitiker soll sieben Mio. Euro verzockt haben
02.06.2010, 00:00 Uhr
Der hatte ein vernichtendes Urteil über den Zweckverband zur Abwasserbeseitigung im Pfattertal (AZV) gefällt: Über einen Zeitraum von zehn Jahren hatten kommunale Subunternehmen des Abwasserzweckverbandes mit Fonds- und Derivate-Spekulationen über sieben Millionen Euro verloren.
Nach Angaben des amtierenden AZV-Vorsitzenden Hubert Achhammer waren zeitweise rund 85 Millionen Euro Zweckverbandsgelder für die Spekulationsgeschäfte eingesetzt. Die Prüfer deckten unter anderem auf, dass das Kommunalunternehmen 1999 rund 23 Millionen Euro aus einem Kredit in einen Fonds investierte, den eine Bank eigens für den Zweckverband aufgelegt hatte. Die erwarteten Renditen seien nicht eingetreten, so der Prüfungsverband.
Bürger müssen Zeche zahlen
Den Schaden haben jetzt die Bürger der fünf Mitgliedsgemeinden Obertraubling, Thalmassing, Mintraching, Köfering und Alteglofsheim. Nach Angaben des AZV-Vorsitzenden Achhammer soll das Millionen-Minus zwar nicht die Abwassergebühren belasten, aber voraussichtlich werde es eine Umlage geben, die in die einzelnen Kommunaletats einfließt.
Zentrale Figur des Finanzskandals soll der Vorgänger von Hubert Achhammer gewesen sein. Gegen den Diplom-Bauingenieur, ehemaligen 2. Bürgermeister und CSU-Gemeinderat in einer der Gemeinden ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Regensburg wegen Untreue. Die Kripo werde nun mit der Vernehmung von Zeugen beginnen, sagte Wolfhard Meindl, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage. Trotz des hohen Schadens sei gegen den Mann kein Haftbefehl beantragt worden. Er war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Unzulässiger Kauf von spekulativen Wertpapieren
Der Ex-Kommunalpolitiker saß praktisch an allen Schaltstellen des Geflechts aus öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Privatunternehmen: Er war Chef des Zweckverbandes und Vorsitzender des Verwaltungsrates des Kommunalunternehmens, das er als Vorstandsvorsitzender selbst leitete. Gleichzeitig fungierte er als GmbH-Geschäftsführer bzw. als Prokurist von Subunternehmen des kleinen Kommunalimperiums.
Die Ermittler des Prüfungsverbandes hielten dem Verwaltungsrat vor, dass er seine Überwachungsfunktion nicht ausgeübt habe. Diesem Kontrollgremium gehören die fünf jeweils amtierenden Bürgermeister der Gemeinden an. Und der ehemalige Vorstandschef habe seine Informationspflicht »nicht ausreichend« erfüllt. Der Kauf von spekulativen Wertpapieren sei kommunalrechtlich »unzulässig« gewesen, so die Wächter des Prüfungsverbandes.
Privatkredit abgeschrieben
Doch der Zweckverband drehte nicht nur im Wertpapierhandel ein großes Rad: Zur Kanalerschließung der Landgemeinden verwirklichte er zahlreiche teure Projekte. Ursprünglich sollten die Investitionen auf 20 Jahre verteilt werden, aber weil im Jahr 2000 Zuschüsse des Freistaates auslaufen sollten, habe der Zweckverband sein Investitionsprogramm auf sechs Jahre verkürzt und 43 Millionen Euro ins Abwassersystem gesteckt, so der AZV-Vorsitzende Achhammer. Eine empfindliche Gebührenerhöhung im Jahr 2009 führte zu massiven Bürgerprotesten.
Der Prüfungsverband stieß auf allerhand Ungereimtheiten: fehlende Unterlagen, Honorare für ein externes Beratungsunternehmen in Höhe von 760.000 Euro und einen Privatkredit an den Geschäftsführer dieser Firma über 118000 Euro. Dieses Darlehen musste der Zweckverband dann abschreiben - wegen »Uneinbringbarkeit« der Forderung.