Lieferung bis nach Hause
Medizinisches Cannabis per Online-Bestellung auf Rezept - Kann es wirklich so einfach sein?
8.4.2024, 09:58 UhrDer 1. April 2024 brachte einige Änderungen beim Thema Cannabis. Eine davon: Medizinisches Cannabis fällt nicht weiter unter das Betäubungsmittelgesetz, sondern gilt nun als "normales" verschreibungspflichtiges Medikament.
Traut man den Nutzern der Plattform "Reddit" ist es seither ganz einfach: Wenn man weiß wie, wird einem Cannabis auf Rezept angeblich bequem nach Hause geliefert. Das versprechen nicht nur die Beiträge auf "Reddit", sondern auch diverse Start-ups, die sich genau auf dieses Geschäftsmodell spezialisiert haben.
Ein "Reddit"-User verrät, er habe bei einem der Start-ups online als Grund für die Cannabis-Verschreibung "Lange Einschlafphase" angegeben und ausgewählt, wie viel Cannabis er brauche. Bezahlt wird bequem per Paypal. Ärzte prüfen die gemachten Angaben. Man bekomme dann entweder eine Zu- oder Absage. Wobei er bei dem betreffenden Unternehmen noch nie eine Absage erlebt habe, berichtet der Nutzer. Anschließend erhalte man ein E-Rezept. Mit dem Rezept kann man dann bei einer Apotheke die Präparate abholen oder sie zuschicken lassen.
Knackpunkt: Apotheke
An dieser Stelle wird es dann nochmals knifflig: Akzeptieren die Apotheken die Privatrezepte von mitunter ausländischen Ärzten? Wird das Medikament wirklich ausgegeben?
Mehrere Nutzer berichten davon, dass sie recht unkompliziert ein Rezept von den Start-ups erhalten haben. Unter den vielen Beiträgen findet sich nur ein Nutzer, der davon berichten muss, dass seine Anfrage abgelehnt wurde. Ob die Nutzer dann auch bei den Apotheken erfolgreich waren, wird nicht kommuniziert. Meist warten sie noch auf Rückmeldungen, ob das Rezept akzeptiert wird. Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels meldete keiner der Nutzer, dass er das Medikament auch wirklich von der Apotheke bekommen habe.
Ein "Reddit"-User meldet moralische Bedenken an: "Will nicht die Spaßbremse sein, aber macht mir etwas Sorgen, wenn viele diesen "Workaround" nutzen, um schnell an ein "Medikament" zu kommen, obwohl sie gar keine gesundheitliche Beeinträchtigung haben, dass es irgendwann negative Rückwirkungen gibt und es für die Menschen, die medizinisch darauf angewiesen sind, wieder schwieriger werden könnte und sie ein Spezialrezept benötigen." Ein anderer Nutzer antwortet: "Cannabis ist zum Wald-und-Wiesen-Medikament herabgestuft worden."
Paul Schmitz ist Apotheker aus Fürth und Sprecher für den Bayerischen Apothekerverband Mittelfranken. Er sagt, unabhängig von der teilweisen Cannabis-Legalisierung sei der gesamte Bereich der Telemedizin ein großes, wenngleich bisher seltenes Thema für die Apotheken. "Bisher sind Rezepte, die von Online-Praxen ausgestellt werden, sehr, sehr selten in unserem Arbeitsalltag. Aber wir müssen uns damit auseinandersetzen."
Generell würden Rezepte auf Herz und Nieren geprüft. Kassenrezepte, die als E-Rezept in der Apotheke einlaufen, seien relativ sicher, so Schmitz. Erreicht die Apotheke ein Privatrezept, womöglich sogar aus dem Ausland, wird ganz genau geschaut, ob die Angaben plausibel sind. "Bei Privatrezepten besteht eine Prüfpflicht", betont der Apotheker. Erst wenn Missbrauch oder Fälschungen ausgeschlossen werden können, werden Medikamente ausgegeben. "Das ist aber längst gängige Praxis bei allen verschreibungspflichtigen Medikamenten, nicht nur beim Medizinalcannabis", so Schmitz.
Weniger Bürokratie
Für die Apotheken ist es auch mit Erleichterungen verbunden, dass Cannabis nun nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz falle: "Die Dokumentation über die Beschaffung und die Abgabe fällt weg. Das bedeutet weniger Bürokratie. Zudem müssen die Stoffe nicht mehr unter Verschluss verwahrt werden."
In der Telemedizin sieht Schmitz Risiken: "Es ist fraglich, ob bei einer Verschreibung von Medikamenten ohne ärztliche Beratung die Patientensicherheit gewährleistet werden kann und dem Wohl der Patienten gedient ist." Letztendlich müsse aber jeder selbst wissen, wie er sich beraten lasse.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherer (GKV) teilt mit: Die Verordnung von medizinischem Cannabis sei bereits seit 2017 Bestandteil der Leistungen der gesetzlichen Versicherer. Daran habe die Teil-Legalisierung grundsätzlich nichts geändert. "Bevor es zu einer Erstverordnung für medizinisches Cannabis kommt, muss ein Antrag bei der jeweiligen Krankenkasse gestellt werden", so der Sprecher des GKV-Verbandes.
Erfolgt eine Genehmigung, wird ein Rezept ausgestellt. "Wenn die ärztliche Verordnung von der Krankenkasse genehmigt ist, dann werden die Kosten von der Krankenkasse übernommen", erklärt der Sprecher weiter. Zu Privatrezepten und damit zusammenhängenden Geschäftsmodellen lägen dem Verband keine Informationen vor.
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