Mehr Aufwand, weniger Geld: Kliniken droht Finanznot
30.12.2020, 15:49 UhrNach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hat die Corona-Pandemie dabei nicht nur Auswirkungen auf die Allgemein- und Intensivstationen. Auch in den OP-Bereichen führte sie zu merklichen Beeinträchtigungen. In der ersten Pandemiewelle von März bis Mai 2020 ist die Zahl der stationär durchgeführten Operationen im Durchschnitt um 41 und bei ambulanten Operationen um 58 Prozent zurückgegangen.
Allein in diesem Zeitraum lagen die Erlösverluste bei den betroffenen Kliniken laut DKG bei etwa 2,5 Millionen Euro pro Haus. Die meisten Kliniken haben die OP-Auslastung des Vorjahres noch immer nicht erreicht.
Zurückhaltung bei den Patienten
Grund hierfür sind nach wie vor die Zurückhaltung der Patienten bei planbaren Operationen, erforderliche Schutzmaßnahmen und gestiegene Hygiene-Anforderungen sowie Freihaltekapazitäten für Corona-Patienten in den Intensivbereichen.
Die aktuell hohen Infektionszahlen werden daher einen normalen OP-Betrieb vielerorts weiter erschweren. "Die Krankenhäuser stehen angesichts weiter sehr hoher COVID-Infektionszahlen vor einer ungewissen Zukunft", so DKG-Präsident Dr. Gerald Gaß. Es sei zu befürchten, dass sich die Entwicklung aus der ersten Welle während der zweiten Welle verstärkt. Die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser hat sich infolge der Corona-Pandemie dramatisch zugespitzt.
Rote Zahlen
Bereits 2019 hat fast jede zweite Klinik (44 Prozent) rote Zahlen geschrieben. Die Corona-Pandemie hat die Lage weiter verschärft. Weniger als ein Drittel der Häuser erwartet für 2020 ein positives Jahresergebnis. Nur noch 18 Prozent der Kliniken beurteilen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut. Für 2021 erwartet nur knapp ein Viertel der Krankenhäuser eine wirtschaftliche Verbesserung.
"Die Lage der Krankenhäuser ist seit Jahren sehr problematisch. Wir haben eine chronische Unterfinanzierung der Investitionen, die aus den Landeshaushalten und damit aus Steuermitteln aufgebracht werden müssten", so Gaß. Da nicht alle corona-bedingte Erlösausfälle und Mehrkosten eins zu eins gedeckt werden, sei davon auszugehen, dass sich für viele Kliniken die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert.
Weitere Hilfen gefordert
Vor diesem Hintergrund forderte der DKG-Präsident weitere unterstützende Maßnahmen zur Bewältigung der Lasten der Pandemie. Gaß warnte in diesem Zusammenhang auch davor, dass viele Kliniken bereits im ersten Quartal 2021 nicht mehr die Gehälter ihrer Mitarbeiter zahlen könnten, sollte die Bundesregierung die Hilfen nicht deutlich erhöhen.
Das Klinikum Nürnberg habe diese von der DKG geschilderte Situation frühzeitig erkannt und sich bereits im April 2020 entsprechend darauf vorbereitet, so Andreas Becke, Vorstand für Infrastruktur und Finanzen. Durch Kreditlinien bei den Geschäftsbanken und einer zusätzlichen Kreditlinie bei der Stadt Nürnberg seien die Gehaltszahlungen für alle Beschäftigten zuverlässig abgesichert.
Roland Engehausen als Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) glaubt generell nicht daran, dass an den bayerischen Kliniken Mitarbeiter nicht mehr bezahlt werden können. Die Gehälter würden weiter fließen und seien auch nicht in Gefahr, so Engehausen.
Mehr Aufwand, weniger Geld
Andererseits sei es aber tatsächlich ein Problem, dass durch die Corona-Behandlungen deutlich mehr Arbeit anfalle, die aber weniger Geld einbringe, so Engehausen. 2020 hätte es aber auch viel Unterstützung von Bund und Land für die Kliniken gegeben. "Große Sorge bereitet mir aber die Unsicherheit für 2021. Wir wissen nicht, wie da die Finanzierung aussehen wird", so Engehausen.
Er plädiert dafür, dass sich die öffentliche Hand für weitere Beihilfen an den Umsätzen der Kliniken Jahr 2019 orientiert und ihnen unbürokratisch ein entsprechendes Ganzjahres-Budget zur Verfügung stellt, unabhängig von der Situation in der Corona-Pandemie. Es mache keinen Sinn, "sich von Rettungsschirm zu Rettungsschirm zu hangeln", so Engehausen.
Ausfälle abgefedert
Das Universitätsklinikum Erlangen erklärt auf Anfrage, dass während der ersten Coronawelle auch hier zahlreiche Operationen abgesagt werden mussten. Diese konnten teilweise während der Sommermonate nachgeholt werden, so dass der Erlösrückgang vor allem auch dank staatlicher Unterstützungs- und Ausgleichsfonds abgefedert werden konnte.
Man hoffe dennoch, 2020 zumindest bilanziell mit einer "schwarzen Null" abschließen zu können. Mit Blick auf die zweite und dritte Welle verschärfen sich die Finanzierungsprobleme aber drastisch. "Letztlich ist es eine fatale Mischung aus Erlösrückgang durch abgesagten Behandlungen, stark erhöhte Hygienemaßnahmen und einem drastischen Preisanstieg bei Schutzmaterial für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich an der Corona-Front kämpfen."
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