Alligatoren lassen drei bewegte Jahrzehnte vorbeiziehen
10.12.2019, 13:55 Uhr"I'm ready" hieß es zum Auftakt. Das Lied war nicht nur das passende Motto für den Abend, sondern stand auch nicht ohne Grund an erster Stelle der Setlist: "I'm ready" war das erste Stück, das die Alligators auf ihrem ersten Demoband eingespielt hatten. Dabei zeigte sich, dass das Programm der Jubiläumstour zum 30jährigen Bestehen der Alligators of Swing nicht einfach nur ein "Best of" darstellt, sondern eine Chronologie der Band und ihrer Entwicklung ergibt.
Stefan Scholz (Gesang und Tenorsaxofon) und Dieter Schreiber (Kontrabass) hatten beide zuvor schon andere Bands. Die Initialzündung für die Neugründung war ein Zufall: Schreiber hatte gerade günstig einen Kontrabass gekauft und suchte nach Einsatzmöglichkeiten. "Da haben wir uns gedacht: Sax und Bass, das klingt nach Swing, also haben wir nach passenden Stücken gesucht", erzählt Stefan Scholz. Dazu gehörte etwa Big Joe Turners "Pennies from Heaven", für das Scholz jetzt in Neumarkt begeisterten Zwischenapplaus erntete.
Der zur Gründungsbesetzung gehörende Pianist hatte nach der ersten CD und direkt nach einem gefeierten Auftritt auf den Rother Bluestagen aus Zeitgründen das Handtuch geworfen. Was zunächst wie eine Katastrophe aussah, wurde zum Glücksfall für die Band.
Boogie-Rhythmen prägen Sound
Als Nachfolger stieg Christian Jung (Klavier, Gesang) ein, der bei Pianist Chris Beier studiert hatte und mit seinen rollenden Boogie-Rythmen den Sound der "Alligators of Swing" seitdem maßgeblich mitgeprägt hat.
Anfangs wurden die Musiker noch in der elterlichen Plattensammlung fündig und kamen so auf Blues, Boogie Woogie und Swing von Ray Charles, Louis Jordan oder Nat King Cole. Doch im Internet entdeckten sie dann Interpreten und auch wenig bekannte Songs berühmter Künstler neu.
Damit kamen sie auch in Neumarkt gut an: Bei "Storm on down to my House, Baby" wippte das Publikum begeistert mit, beim "Ego Song" und bei Ruth Browns "Love Contest" sorgten Groove, Gesang und das Ausagieren der Liedtexte ebenso für mehrfachen Zwischenapplaus, genauso wie die Solos der drei Musiker Begeisterung auslösten.
Aus der Zusammenarbeit mit Sängerin Karen Carroll Anfang der 90er Jahre stammte "Halleluja, I love her so". Ebenso schwungvoll ging es weiter: An das von Christian Jung als schneller Boogie gespielte und auch gesungene "Gonna tell My Mama" folgte Nat King Coles beschwingtes "Scotchin' With The Soda" aus den 30ern. Mit dem von Atlantic-Records-Gründer Ahmet Ertegün für Ray Charles geschriebenen "Mess Around" schalteten die Alligators noch einmal einen Gang höher.
Dieses Tempo hielt das Trio auch nach der Pause. Lalo Gurrereos "Marijuana Boogie", Nat King Coles "Babs" und der aus eigener Feder stammende Boogie "Hey Girl" über das Lächeln der Frauen ernteten großen Beifall.
Der Streifzug durch die Band- und Musikgeschichte brachte etliche Audioperlen ans Licht: Die elegante Swing-Nummer "That did it" aus den 40ern, Nat King Coles schnelles "Tidy Up", "Nectar from the Cotton Filed", das die Alligators mit Karen Carrolls Mutter Jeanne Carroll aufgenommen hatten, und "The Blues won't You leave Good Love behind".
Die Eigenkompositionen, so Stefan Scholz' "Baby, Baby" oder "Alligator Meat", das Titelstück der aktuellen CD, begeisterten. Das von Stefan Scholz komponierte Schlusslied "You set My Soul on Fire" brachte Christian Jung Applaus für seine rasanten Boogie-Läufe. Schließlich gab es noch eine Premiere bei den Zugaben: Walter Brooms "Confessing the Blues" war zum ersten Mal in einem neuen Arrangement zu hören.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen