Die Baustelle am Unteren Tor ist eine Wundertüte
23.12.2014, 15:36 UhrDer Kanal, ein gemauertes Gewölbe, wurde bei Bauarbeiten auf dem früheren Schlecker-Grundstück sichtbar, etwa dort, wo sich das Schaufenster befand, sagt Helmut Senft, der bei der Stadt die Funktion der Unteren Denkmalschutzbehörde ausfüllt. Er vermutet, dass das Bauwerk aus dem Ende des 19. Jahrhunderts stammt. Der Archäologe Friedrich Loré ist sich da nicht sicher.
In der Röhre wurde parallel zur Marktstraße das abtransportiert, was aus den Häusern auf die Straße lief und was vom Himmel fiel. Ob die Röhre noch aus der Zeit vor dem Bau des Ludwigskanals mit Leitgraben stammt und in den Stadtgraben mündete. Wer weiß? „Es stinkt jedenfalls so“, klagte Friedrich Loré halb im Scherz, als er gestern einsam, weil seine Mitarbeiter schon im Weihnachtsurlaub sind, mit der Spachtel im modrigen Erdreich Mauerreste und Holzbalken frei legte.
Ein Abwasserkanal, so wir ihn heute kennen, sei das nicht gewesen, wehrt Ernst Schmidt aus dem Tiefbauamt ab. Eine Kanalisation mit Hausanschlüssen und Kläranlage bekam Neumarkt erst viel später. Die Stadt war auch noch in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, darf man vermuten, ein schmutziges, stinkendes Kaff wie viele andere auch.
Der Adilo-Chef ließ sich aber von unangenehmen Gerüchen und Temperaturen in seiner Begeisterung nicht bremsen. Denn eine derartige Holzkonstruktion, wie sie, wie berichtet, in der Schleckerbaustelle auftauchte, sei ihm noch nicht untergekommen. Gespannt ist er auf die Ergebnisse der denderologischen Untersuchung, die Aufschluss darüber geben soll, welches Holz verwendet wurde, wann die Bäume geschlagen und wann sie verbaut wurden.
In diesem Bereich steht das Grundwasser sehr hoch an. Das hat dazu geführt, dass über die Jahrhunderte der Verrottungsprozess des Holzes verlangsamt und teilweise aufgehalten wurde.
Auf Eichen gebaut
Ähnliches zeigte sich auch, erinnert sich Senft, als an die Krümperstallung ein Aufzug gebaut wurde. Dabei entdeckte man, dass die Residenz auf Eichenpfählen gegründet ist, weil der nasse Untergrund sonst nicht getragen hätte. In der Bauphase für den Lift war es deshalb nicht möglich, das Grundwasser abzusenken, denn dann wäre das Holz in kürzester Zeit verrottet – mit schlimmen Folgen für eines der wenigen erhaltenen Überbleibsel aus Neumarkts Pfalzgrafenzeit.
Wie weiter am Unteren Tor verfahren wird, ist noch nicht raus. Helmut Senft hat die Zweigstelle des Landesamts für Denkmalschutz in Regensburg informiert. Das wird dann darüber zu befinden haben, ob die Holzreste herausgenommen und konserviert werden, oder ob es genügt, sie zu dokumentieren und dann unter der Bodenplatte des künftigen Cafés für Jahrzehnte zu verschließen.
Die Kosten für die laufenden Untersuchungen muss der Grundstückseigentümer tragen und auch mit den Verzögerungen wird er allein gelassen. Das gefällt auch Neumarkts Oberbürgermeister Thomas Thumann nicht. Die Stadt ist selbst schon mehrmals Leidtragender gewesen. Die Kommune sieht er nicht in der Verantwortung, privaten Bauherrn die zusätzlichen Belastungen abzunehmen. Schließlich kämen die Auflagen vom Landesamt für Denkmalschutz und deshalb, findet er, sei der Freistaat in der Pflicht.
Friedrich Loré ist nicht verborgen geblieben, dass seine Arbeit nicht alle entzückt. Ihm schwebt so eine Art Kohlepfennig auf den Quadratmeter für alle Baumaßnahmen vor, um damit die Kosten der archäologischen Untersuchungen zu decken. Das wäre gerechter, findet er.
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