FDP als Vertrauensfaktor in der Finanzkrise
21.03.2009, 00:00 Uhr
Diskutieren Helga Hoerkens, Arndt Kriegeskorte und Gernot Aumann miteinander, kann es laut werden. Dann wird die Stimme der Stadträtin noch etwas rauer, Aumann streckt das Kreuz durch, Kriegeskorte dreht den Kugelschreiber zwischen den Fingern. Jetzt wird debattiert, auch ein bisschen gestritten. Und dann gelacht, wieder laut.
So stellt sich Hoerkens das Miteinander von Parteien vor - Diskussionen, Meinungsverschiedenheiten gerne. Doch bitte beim Thema bleiben, nicht nur «dagegen sein», weil der andere ein anderes Parteibuch besitzt.
Auf lokaler Ebene sei dies möglich, werde auch im Neumarkter Stadtrat praktiziert, schwieriger jedoch auf Bundesebene, gibt Hoerkens zu. Doch genau hier bekommt die FDP Zulauf: Zwischen 15 und 17 Prozent der Befragten sprechen sich in der Sonntagsfrage für die Liberalen aus, die damit die kleinen Parteien unangefochten anführen.
In Neumarkt ist diese Begeisterung nicht zu spüren - zumindest nicht in den Mitgliederzahlen. Im gesamten Kreis besitzen 28 Bürger ein liberales Parteibuch, in der Stadt Neumarkt 14. «Die Zahl der Mitglieder ist allerdings nicht ausschlaggebend», betont Kreisvorsitzender Kriegeskorte. «Sondern die der Wähler.» Und die habe seine Partei eindeutig hinter sich. Zudem seien die Neumarkter FDPler recht aktiv, es gebe kaum Karteileichen - im Gegensatz zu anderen Parteien. «Kämen alle CSUler zu den Sitzungen, müsste die Partei in Neumarkt eine Halle anmieten», witzelt FDP-Urgestein Aumann.
Seine Partei werde von vielen Leuten unterstützt, die sich nicht an eine Partei binden wollten, besonders Unternehmer, Mittelständler. Immerhin sei man heute - im Gegensatz zu früheren Zeiten - schon so weit, dass man sich in Bayern öffentlich zur FDP bekennen könne. «Die CSU war ja völlig verfilzt.» Ein Übel, das aus der absoluten Mehrheit der Union in Bayern herrührt, ist Hoerkens überzeugt. «Da wären wir auch nicht gefeit vor Überheblichkeit.» Probleme hatte auch die FDP in der Vergangenheit, gibt die Stadträtin zu.
Kritisch sieht sie Guido Westerwelles «Projekt 18». «Da sind mir oft die Haare hoch gestanden.» Aumann beurteilt die Anfangszeiten des Liberalen-Chefs milder - er selber habe in seiner Jugend auch Fehler gemacht. Und schließlich habe sich Westerwelle gemausert und beschere der Partei nun sehr gute Umfrageergebnisse.
Überrascht über den Zulauf der Liberalen in Zeiten von Bankenkrise und Co. zeigt sich keiner der drei. Schließlich wolle auch die FDP keine Märkte ohne Beschränkungen, «sinnvolle Rahmenbedingungen sind notwendig», so Kriegeskorte. Diese müssten aber von Experten festgelegt werden. Er hält es auch für wichtig, dass diese über die Rettung von Unternehmen zu entscheiden haben. «Viele reden da mit, ohne die relevanten Informationen zu haben.»
In der Wirtschaftskrise trauten viele Menschen der FDP die Fähigkeit zu, die Situation zu bewältigen, glaubt Hoekens. «In schwieriger Zeit ist Wirtschaftskompetenz angesagt.»
Diese Rückmeldung erhielten sie auch von Bürgern, erzählen die drei Neumarkter. Die Menschen würden die FDP als Partei wahrnehmen, die eine Politik kontinuierlich verfolgt. Andere fielen durch Schnellschüsse auf. «Die stümperhafte Gesetzgebung muss immer wieder auf Verfassungsmäßigkeit und Praktikabilität untersucht werden», klagt Kriegeskorte.
Alles Gründe, die die Wähler zur FDP treiben, glaubt er. Doch ob dies von Dauer ist, bezweifeln sogar die Neumarkter Liberalen. «Wenn die Union wirtschaftspolitisch weiter nach links rückt, dann wird unser Klientel immer größer.» Doch besännen sich die Schwarzen zurück zur Mitte, könne es durchaus sein, dass die FDP wieder Wähler verliere. Das Potential seiner Partei, glaubt Aumann, liege aber auch dann bestimmt bei elf oder zwölf Prozent.
FRANZISKA HOLZSCHUH