Kurt Romstöck sprühte immer vor Ideen
13.2.2015, 10:16 UhrFast sein ganzes Leben hat er – mit Ausnahme der Kriegsjahre – in seiner Vaterstadt verbracht und ihr seinen Stempel aufgedrückt. Dabei sah es am Beginn seines Lebens gar nicht nach einem hohen Alter aus. „Ich höre noch heute die Holzdielen der Kanalbrücke scheppern, wenn es wieder einmal ins Krankenhaus ging“, erzählt Kurt Romstöck.
Besonders die Mutter hatte sich große Sorgen gemacht, wenn eine Lungenentzündung oder andere Erkrankungen diagnostiziert wurden. „Ich war der Schwächste von all meinen Geschwistern.“ Bis auf eine Stiefschwester hat er sie aber alle überlebt.
Beim Besuch anlässlich des 85. Geburtstages vor fünf Jahren hatte Romstöck zwei Wünsche: Eine Wanderung nach Lengenfeld, woher seine Mutter stammte, und einen Besuch in Paris. Romstöck begab sich auf Schusters Rappen nach Lengenfeld, aus der Paris-Visite wurde es aber nichts. Der Jubilar hat den Wunsch aber nicht abgeschrieben. „Mit dem superschnellen Zug TGV nach Paris – das wäre schon was“, strahlt er.
Spargel mit Schinken
In der Realschule hat Romstöck etliche Jahre Französisch gelernt, und einige Brocken kann er natürlich immer noch. „Jambon asperge“ — Spargel mit Schinken — hat er in Frankreich gespeist, als er im Krieg auch des Öfteren nach Paris musste. Er isst es bis heute gern. „Auch weil es ein leichtes Essen ist.“ Auf seine Gesundheit muss Romstöck aufpassen. Sein „Mitbringsel“ aus Frankreich, das bis heute nachwirkt: Eine Vergiftung durch Speiseeis. Heftige Durchfälle waren die Folgen. „Ich habe die Tuilerien gedüngt“, scherzt er heute.
Die Liebe zu Frankreich ist trotzdem geblieben. Paris, die Weltstadt — dem Heranwachsenden aus der Provinz gingen die Augen über. Am Neumarkter Bahnhof nach kurzer Kriegsgefangenschaft angekommen, blicken den 20-Jährigen Ruinen um Ruinen an. Auch sein Elternhaus am Oberen Markt ist zerstört. Der Vater hat noch einen Familienschatz gerettet, wohl eine Klosterarbeit, die die Lebensstationen des Heiligen Franz Xaver zeigt und jetzt im Haus Romstöck einen Ehrenplatz hat.
Romstöck, im Nationalsozialismus aufgewachsen, hatte keine Ahnung von der neuen Staatsform Demokratie. Trotzdem kandidierte er im Jahr 1952 mit 27 Jahren für den Stadtrat und konnte sich an vierter Stelle der CSU-Liste platzieren. „Ich war ein Lückenbüßer“. Der Erfolg sollte Romstöck Recht geben. Er merkte bald, dass er ein Talent für die Kommunalpolitik und kaufmännisches Denken hatte.
Für 18 Jahre, von 1972 bis 1990 stand er als Oberbürgermeister an der Spitze der Stadt, bis er in den Ruhestand ging. Romstöck hatte 1972 ein stattliches „Erbe“ übernommen. Mit der Gebietsreform kamen neun frühere selbständige Gemeinden hinzu und die Stadt vergrößerte sich auf einen Schlag um bald 10 000 auf rund 28 000 Einwohner. Die Wirtschaftskrise der 1970er Jahre machte auch um Neumarkt keinen Bogen, Betrieb um Betrieb ging in die Insolvenz.
Romstöck sorgte mit einer gewieften Grundstückspolitik und vielen Beziehungen dafür, dass nach den mageren wieder fette Jahre kamen. „Ich habe die Aufgabe gut gemeistert“, bilanzierte er die Erfolge seiner Umtreibigkeit. Mit dem Innneren und Äußeren Ring wurden Wegmarken in der Verkehrspolitik gesetzt. Und wer kann schon behaupten, dass zu seinen Lebzeiten eine Straße nach ihm benannt ist? Zu seinem 80. Geburtstag durfte der Jubilar zusammen mit seinem Nachfolger Alois Karl das Schild „Kurt-Romstöck-Ring“ enthüllen, der als Teil des Inneren Ringes vom Unteren Tor bis zur OBI-Kreuzung reicht.
Zeitgleich mit Romstöcks Ruhestand als OB begann der Aufbau in den neuen Bundesländern. Im sächsischen Frankenberg sorgte er für den Aufbau der Kommunalverwaltung und die Ansiedlung von Betrieben. „80 000 Kilometer bin ich dafür gefahren“, berichtet er rückblickend. Die Stadt zeichnete ihn für seine Leistungen mit der Ehrenbürgerwürde aus.
Liebster Ort: Residenzplatz
Gefragt nach seinem liebsten Platz in Neumarkt nennt der Alt-OB den Residenzplatz mit Reitstadel und Krümperstallung, den heutigen Festsälen der Residenz. „Das wirtschaftliche Florieren kam bei mir an erster Stelle, danach die Kultur“, lautet sein Credo.
Wenn es um die Zukunft seiner Heimatstadt geht, hat Romstöck schon Ideen parat. Nachdem Neumarkt bei überregionalen Einrichtungen übergangen worden ist, wäre es jetzt höchste Zeit für eine richtige Fachhochschule – keine Außenstelle oder sonstwas, meint er. Romstöck verweist auf das weit kleinere Deggendorf, wo inzwischen 5000 Studenten eingeschrieben sind. Der Jubilar wüsste auch die Standorte, wo man kurzfristig starten könnte, möchte es aber nicht öffentlich sagen.
„Und in wenigen Jahren ist ja das Flugplatzgelände frei“, juckt es Romstöck immer noch zwischen den Fingern. Sorgen bereiten ihm die seiner Meinung nach allenthalben fehlenden Parkplätze, besonders am Klinikum. Dem Neuen Markt blickt der 90-Jährige mit Interesse und Neugierde entgegen „Ein Risiko ist immer dabei“, merkt er an.
Um geistig fit zu bleiben, hat Romstöck seinen eigenen Trainingsplan. Bald täglich sitzt er am Schreibtisch, auch wenn seine Frau Maria, mit der er im letzten Jahr die Goldene Hochzeit feiern konnte und die zwei Tage nach ihm ihren 75. Geburtstag begeht, ihn bei der Arbeit am Computer unterstützt. Romstöck, passionierter Hobby-Historiker und Autor zahlreicher Bücher, beschäftigt sich derzeit mit den Beziehungen zwischen Neumarkt und Polen.
Unter anderem stammte die Gattin von Pfalzgraf Johann aus Stolp in Pommern, das heute in Polen liegt. Natürlich hat es dem Jubilar auch der Wolfstein angetan, über dessen Historie er außerdem momentan brütet. Und vielleicht findet er ja noch heraus, ob er der älteste Oberbürgermeister in der Stadtgeschichte ist.
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