Nach einer Woche aus Entzugsklinik geflogen

07.08.2019, 11:26 Uhr
Der Angeklagte war zwar aus der Klinik geflogen, dennoch ist er nach eigenem Bekunden seit Monaten trocken.

© dpa Der Angeklagte war zwar aus der Klinik geflogen, dennoch ist er nach eigenem Bekunden seit Monaten trocken.

Allerdings ging Richter Michael Müller davon aus, dass es nicht in der Verantwortung des Angeklagten lag, als er nach einer Woche aus der Therapie flog. Sein Schützling sei schwierig und öffne sich nur langsam, räumte sein Betreuer ein, zu langsam offenbar für die Klinik in Leipzig. Ihm sei gesagt worden, für solche Fälle hätten sie dort einfach keine Zeit.

Die Staatsanwältin warf dem jungen Mann vor, dass er am 7. Februar dieses Jahres um 22 Uhr einen Notruf abgesetzt und behauptet habe, ein Mann von schwarzer Hautfarbe in einem schwarzen Mantel würde auf der Straße tanzen und sich den Autos in den Weg stellen. Eine Polizei-Streife aus Parsberg wurde los gejagt und stellte fest: Da war wohl nichts.

Wie schon in der Verhandlung zuvor, räumte der 21-Jährige ein, das stimme so. Er erklärte sein Verhalten damit, dass er an diesem Tag heftig einen über den Durst getrunken habe.

Petra Engster von der Jugendgerichtshilfe kennt den jungen Mann schon seit Kindertagen. Er stamme zwar aus gutem Elternhaus und sei überdurchschnittlich intelligent, doch sei er auch sehr verschlossen. Die Eltern seien von Pontius zu Pilatus gelaufen, um ihrem Sohn psychologische Hilfe zukommen zu lassen.

Er besuchte verschiedene Schulen und Betreuungseinrichtungen, hielt sich aber nirgends lange. Er sei mal intellektuell unterfordert gewesen, dann sozial überfordert. Es sei auch nicht möglich gewesen, obwohl er schlussendlich den Hauptschulabschluss hingekriegt hatte, ihm eine berufliche Perspektive zu eröffnen.

Sein Betreuer erzählte, dass er nach dem Rauswurf aus der Entzugsklinik in Sachsen befürchtet habe, sein Mandant würde wieder in den alten Trott verfallen. Aber das sei glücklicherweise nicht der Fall. "Ich bin seit Monaten trocken", erklärte dieser vor Gericht, und der Betreuer bestätigte das.

Unbedingt habe er in eine betreute Wohngruppe wollen, und seit 1. August hat er das geschafft. Die Betreuerin der Gruppe, die im Zuhörerraum saß, fand, das es sich nach einer Woche gut anlasse. Es gebe bislang keine Probleme.

Richter Michael Müller konnte nach den Auskünften von Betreuer und Jugendgerichtshilfe keinen Verstoß gegen die Auflagen mehr erkennen und wandte sich an die Staatsanwältin um Zustimmung für die erneute Einstellung des Verfahrens. Die bekam er.

Diesmal lautet die Auflage, in den nächsten sechs Monaten zehn Gespräche mit der Suchtberatung bei der Diakonie oder am Gesundheitsamt Neumarkt zu führen. "Tun Sie das", wandte Müller sich an den Angeklagten, "sonst sehen wir uns hier wieder. Und das will doch keiner."

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