20 Jahre Kindermuseum: Tierisch gute Kinderhochburg in Nürnberg
29.4.2021, 10:37 UhrJoschi mag nicht. Dabei zeigt seine Körperfärbung, dass er entspannt ist. Der fünfjährige Chamäleonknabe erscheint in Grün. Behäbig klettert er dann doch zum Fototermin auf den Arm von Annette Beyer.
„Er ist es nicht mehr gewohnt“, sagt die Sprecherin des Kindermuseums entschuldigend. Seit November hat das Museum in St. Leonhard wegen der Pandemie wieder geschlossen. Und somit auch das Regenwaldhaus. Dabei sollte diesen Monat ein rundes Jubiläum groß gefeiert werden: 20 Jahre Kindermuseum und Theater Mummpitz im Kachelbau.
„Es hat gestunken, Ratten liefen herum“
Annette Beyer und der Schauspieler Michael Bang, der auch Mummpitz-Geschäftsführer ist, waren von Anfang mit dabei. Sie erinnern sich noch gut an das einstige Schlachthofgelände mit seiner über 100-jährigen Geschichte. Den Abriss der alten Backsteingebäude mit ihren Gusseisensäulen im Jahr 1997 haben sie noch vor Augen.
Eine sehr interessante Architektur, so Beyer. „Aber der Betrieb war in den 1990ern komplett überholt – und nicht mehr vertretbar“, ergänzt Bang.
Bald war klar: Nach dem Vorbild anderer Städte sollte auf dem ehemaligen Schlachthofgelände neben Wohnbebauung ein Kulturzentrum entstehen. Bis zum Schluss wurde hier noch geschlachtet – wenn auch in reduziertem Umfang.
Unter Denkmalschutz gestellt
Nicht alles fiel den Abrissbirnen zum Opfer. So blieben etwa die einstige Gaststätte, das Pförtnerhäuschen und das Verwaltungsgebäude erhalten, in dem heute der Kulturladen Villa Leon beheimatet ist. Und eben der Kachelbau aus den 1950er Jahren. Das Maschinenhaus mit seinen Werkstätten, das auch zuständig für die Energieversorgung war, wurde – wie auch die anderen übrig gebliebenen Gebäude – unter Denkmalschutz gestellt und saniert.
Danach sind das Kindermuseum und Theater Mummpitz in den Industriebau eingezogen. Beide waren zuvor jahrelang vor allem in Nürnberg, aber auch bundesweit mobil unterwegs. Anfangs saßen noch der Kinderzirkus Cri-Cri und der Märchenerzähler Martin Ellrodt mit im Boot. Das ganze Projekt sei nur dank der Stadt möglich gewesen, betont Annette Beyer.
Zwei Jahrzehnte später sieht die Situation für die jungen Gäste so aus: „Wir brauchen handlungsorientiertes Lernen – mit Anfassen und Ausprobieren.“ Das sei intensiver und nachhaltiger als die digitale Vermittlung. Das ist Beyers Erfahrung. Auch weil der Nachwuchs momentan einen „digitalen Overkill“ erfährt, weiß Bang. „Wir sind nicht auf den Streamingzug aufgesprungen. Momentan hängen sowieso alle Kinder vorm Fernseher und am Computerbildschirm. Wir bieten digitale Kost in Häppchenform.“
Derzeit ruht der Kulturbetrieb. „Wir hoffen, euch bald wiederzusehen“, steht auf dem bunten Plakat, das seit Anfang November im Schaukasten vorm Kachelbau hängt. Waren es 2019 insgesamt 70.000 große und kleine Besucher, kamen 2020 knapp ein Drittel davon.
Im vergangenen Jahr herrschte nur bis Mitte März normaler Betrieb. Im Zuge der Corona–Maßnahmen konnte zuletzt unter Auflagen ab Ende Juni lediglich vier Monate lang geöffnet werden. Und nun hat die Pandemie auch noch das Jubiläum verhagelt.
Oder auch 2022
Fest steht: Die große Sause wird mit Kindern und Publikum gebührend gefeiert. Dafür hat das Kachelbau-Team alte Unterlagen, Fotos und Videos gesichtet. „Es wird sich wohl noch etwas ziehen“, befürchtet Beyer, „sonst holen wir unser Jubiläum eben 2022 nach.“
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