680.000 Euro: Streit um Gehälter für kommunale Manager

Sabine Stoll

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26.2.2020, 05:54 Uhr
Roland Fleck (NürnbergMesse), Karl-Heinz Pöverlein (Ex-Stellvertretender Vorsitzender Städtische Werke) und Martina Paasch, Ex-Vorstandsmitglied N-Ergie, gehören zu den Top-Verdienern.

© Collage: Redaktionsservice NN Roland Fleck (NürnbergMesse), Karl-Heinz Pöverlein (Ex-Stellvertretender Vorsitzender Städtische Werke) und Martina Paasch, Ex-Vorstandsmitglied N-Ergie, gehören zu den Top-Verdienern.

Josef Hasler gehört zu den Topverdienern bei kommunalen Unternehmen: Der Chef der Städtischen Werke Nürnberg kassiert rund 680.000 Euro im Jahr. Sein Stellvertreter kam 2018 immerhin noch auf eine halbe Million. Die beiden Geschäftsführer der NürnbergMesse, Roland Fleck und Peter Ottmann, müssen sich im Vergleich dazu mit deutlich weniger zufriedengeben: mit rund 354.000 Euro.

Die Partei Die Linke hält solche Gehälter für völlig überzogen. Während die Armutsgefahr in Nürnberg steige, "greifen die Geschäftsführungen der städtischen Töchter mit Zustimmung von SPD und CSU weiter kräftig in die Kassen", kritisiert Linken-Stadtrat und OB-Kandidat Titus Schüller – und stößt damit bei den so Gescholtenen auf Widerspruch. Sie werfen Schüller vor, eine "Neid-Debatte" entfachen zu wollen, und das nicht zum ersten Mal. "Das ist Steinzeit-Kommunismus. Das tut mir richtig weh", ätzt Achim Mletzko, Fraktionschef der Grünen im Stadtrat.

1,3 Millionen insgesamt bei der N-Ergie

Aus dem aktuellen Beteiligungsbericht der Stadt Nürnberg gehen die Bezüge der Vorstände städtischer Unternehmen für das Jahr 2018 im Detail hervor. Diese bestehen oft aus einem fixen Gehalt plus einer variablen Summe. Letztere wird im Erfolgsfall ausbezahlt, wenn vereinbarte Ziele, zum Beispiel hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit, erreicht wurden.

Bei der N-Ergie AG, eine Konzerngesellschaft der Städtischen Werke Nürnberg, belaufen sich die Gesamtbezüge aller Vorstandsmitglieder auf rund 1,3 Millionen Euro. Das Fixum des Chefs, Josef Hasler, liegt bei 181.000 Euro – plus 240.000 Euro im Erfolgsfall. Dazu kommen Sachleistungen in Höhe von 17.000 Euro. Daneben erhält Hasler als Vorstand der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft noch einmal 181.000 Euro. Als Geschäftsführer der Dach-Organisation Städtische Werke bezieht er 40.000 Euro fix. Rechnet man noch Sachleistungen dazu – ein Dienstwagen ist zum Beispiel eine Sachleistung –, kommt der Manager summa summarum auf rund 680.000 Euro.

"Entfernt sich immer weiter von den Normalbürgern"

Auch andere Vorstände verdienen nicht schlecht. Der Vorstandsvorsitzende des Klinikums, Achim Jockwig, bekam im Jahr 2018 laut Beteiligungsbericht 310.000 Euro. Michael Hupe, Geschäftsführer der Flughafen GmbH, an der die Stadt zu 50 Prozent beteiligt ist, erhielt 260.000 Euro und die beiden Geschäftsführer des kommunalen Immobilienunternehmens wbg, Frank Thyroff und Ralf Schekira, bekamen etwa 225.000 Euro.


VAG, N-Ergie, Messe: Die Gehälter von Nürnbergs Top-Managern


"Die Chefetage der städtischen Tochtergesellschaften entfernt sich immer weiter von den Normalbürgern und deren Lebensrealität", kritisiert Linken-Stadtrat Schüller. Vorstand Hasler verdiene in drei Jahren so viel wie eine Erzieherin in ihrem ganzen Berufsleben und mehr als viermal so viel wie Oberbürgermeister Ulrich Maly, fährt Schüller fort. "Doch Vorstände und Geschäftsführer dürfen nicht mehr verdienen als der gewählte Oberbürgermeister, der ja immerhin für den ganzen städtischen Betrieb und deren Töchter die politische Verantwortung trägt", findet er. Das derzeitige OB-Gehalt belaufe sich auf gut 160.000 Euro.

Doll: Gehälter deckeln

Bei den Summen, die Vorstände und Geschäftsführer kassieren, stutzt auch Stephan Doll, Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Mittelfranken. Er äußert sich auf Anfrage allerdings längst nicht so radikal wie Schüller. "Wir brauchen in der Gesellschaft eine Diskussion über gerechte Löhne. Da müssen wir nach unten und nach oben schauen, ob Löhne noch verhältnismäßig sind", meint Doll. Diese Diskussion müsse man auch für die Stadt Nürnberg führen, fährt Doll fort, der generell dafür ist, Gehälter zu deckeln.

680.000 Euro: Streit um Gehälter für kommunale Manager

© Foto: Roland Fengler

Bei der Stadt dürfte das auf wenig Resonanz stoßen. Finanzreferent Harald Riedel (SPD) ist beim Thema Bezüge pragmatisch, er sieht die genannten Gehälter als Notwendigkeit an. Nach zwölf Jahren im Amt blute auch sein Kämmerer-Herz kaum mehr, sagt er. "Wenn man geeignete Bewerber mit entsprechenden Erfahrungen möchte, muss man natürlich auch marktfähige Vergütungen anbieten. Wir konkurrieren hier häufig mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft." Für ihn sei entscheidend, dass die städtischen Töchter ihre Leistungen für die Bürgerschaft erbrächten, wirtschaftlich arbeiteten und gute Ergebnisse erzielten, fährt Riedel fort. "Daran messe ich persönlich die Angemessenheit der Gehälter unserer Geschäftsführer und Vorstände. Daneben ist der Branchenvergleich für öffentliche Unternehmen wichtig." Laut Harald Riedel lägen die Gehälter der Nürnberger Vorstände im Rahmen dessen, was auch andere vergleichbare Unternehmen zahlten.

Hasler gehört auch im bundesweiten Schnitt zu den Besten

Einer, der sich auskennt mit dem, was kommunale Manager verdienen, ist Professor Ulf Papenfuß von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen. Sein Lehrstuhl hat die Vergütung von 2683 Top-Managern aus 1451 öffentlichen Unternehmen verglichen.

 

 

 

Das Ergebnis? Im Schnitt erhielt ein Manager eines kommunalen Unternehmens im Jahr 2016 rund 145.000 Euro. Ein Drittel verdiente zwischen 150.000 und 300.000 Euro. Mehr als jeder Zehnte kam über 300.000 Euro, und davon lagen noch einmal vier Prozent bei einem Gehalt von mehr als 500.000 Euro.

680.000 Euro: Streit um Gehälter für kommunale Manager

© Foto: Roland Fengler

Hasler gehört damit im bundesweiten Schnitt zu den Spitzenverdienern. Wobei Nürnbergs Stadtkämmerer Riedel zu bedenken gibt, dass sich Haslers Bezüge auf Leitungsaufgaben in drei Unternehmen beziehen.

Wer welchen Posten bekommt, entscheiden in der Regel die Aufsichtsgremien der städtischen Tochter-Unternehmen, in denen Stadträte sitzen. Diese rechtfertigen auf Anfrage die hohen Gehälter.

Ein Ruf wie Donnerhall

Hasler habe in Deutschland einen Ruf wie Donnerhall. "Wenn man so jemanden möchte, muss man marktübliche Preise zahlen", sagt Mletzko von den Grünen. Natürlich könne man die Summen hinterfragen, meint SPD-Fraktionschefin Anja Prölß-Kammerer. "Aber wir müssen mit der Privatwirtschaft konkurrieren. So ist unser System."

Auch Marcus König, CSU-Fraktionschef und OB-Kandidat, argumentiert in diese Richtung. "Das sind Spitzenmanager. Wir übertreiben das nicht." König findet, "dass wir keine Neid-Debatte brauchen. Wir müssen lieber gute Leute nach Nürnberg holen." Und Guten-Stadtrat Stephan Grosse-Grollmann sieht das Ganze gelassen. "Ob jemand zu viel bekommt für das, was er tut, hängt von der Qualität seiner Arbeit ab", befindet er salomonisch und hält die aktuelle Kritik der Linken für wahlkampfgetrieben. Der Beteiligungsbericht sei vor fünf Monaten erschienen. Da wolle jemand seinen Wählern gefallen.

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