Anlaufstelle für Tumorpatienten
30.06.2011, 19:41 Uhr Krebszellen halten sich nicht an medizinische Fachbereiche. Karzinome der Nasennebenhöhle können zum Beispiel ins Gehirn wachsen, also von der Zuständigkeit der Hals-Nasen-Ohren-Klinik (Klinikum Nord) zur Neurochirurgie (Klinikum Süd) übergehen.
Andererseits können Tumore der Hirnhäute oder des Riechnervs in den HNO-Bereich einwandern. Gleichzeitig sind oft die Fähigkeiten eines Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen (MKG) gefragt, um die ästhetischen Beeinträchtigungen eines operativen Eingriffs möglichst gering zu halten. Früher mussten solche Patienten oft mehrere Termine bei den einzelnen Experten im Klinikum Nord und Süd wahrnehmen, bis die fachlich abgestimmte Therapie feststand.
„Jetzt gibt es nur noch eine Anlaufstelle; welche ist letztlich egal“, sagt Prof. Hans Herbert Steiner, der Chefarzt der Neurochirurgie. Im Gegensatz zu anderen Krankenhäusern in Deutschland funktionierte in Nürnberg die Zusammenarbeit zwischen der HNO-Klinik und der MKG-Chirurgie in den letzten Jahren schon extrem gut, sagt HNO-Chefarzt Prof. Viktor Bonkowsky. Im Kopf-Hals-Zentrum könnten die Patienten nun noch effektiver betreut werden.
Keine einsamen Entscheidungen mehr
„Bei solch komplizierten Eingriffen ist es heute medizinisch nicht mehr gerechtfertigt, dass die Entscheidung von einem einzigen Experten getroffen wird“, sagt Bonkowsky. Die Chefärzte (oder ihre Stellvertreter) aller drei Fachbereiche treffen sich daher einmal in der Woche zu einer Sitzung, dem sogenannten Tumorboard, auf der gemeinsam und zügig entschieden wird. Der Operateur arbeitet im Kopf-Hals-Zentrum eng mit Anästhesisten, Radiologen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Ernährungsberatern und Pflegekräften zusammen. „Wichtige Partner sind die Psycho-Onkologen, weil sie dem Patienten helfen, mit der seelischen Belastung der Tumorerkrankung fertigzuwerden“, sagt Prof. Mark Farmand, Chefarzt der MKG-Chirurgie.
Gerade im Gesicht spiele die plastische Chirurgie eine große Rolle, so Farmand. Müssten zum Beispiel Teile des Unterkiefers wegen eines Tumors entfernt werden, könne man diese mit Hilfe einer Titanplatte „rekonstruieren“. Die Platte werde später durch Knochen aus dem Beckenkamm oder dem Wadenbein ersetzt, in die die Zahnimplantate eingesetzt werden. Auch bei der Behandlung des Kehlkopfkarzinoms wurden in den letzten Jahren gewaltige Fortschritte gemacht. Früher musste der Kehlkopf häufig ganz entfernt werden, so dass der Patient dauerhaft mit einem Luftröhrenschnitt leben musste.
Schnitt mit dem Laser
Heute kann man das befallene Gewebe durch einen laserchirurgischen Eingriff gezielt herausschneiden und der Patient hat danach oft keinerlei Beschwerden beim Schlucken, Sprechen und Atmen. Menschen mit früh erkanntem Kehlkopfkarzinom hätten heute eine 95-prozentige Wahrscheinlichkeit, die nächsten fünf Jahre zu überleben, sagt Bonkowsky.
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