Antibiotika-Resistenz: Nürnberger Ärzte unterstützen Projekt
18.1.2018, 05:56 UhrDie Zahlen sprechen Bände. Jedes Jahr wird in Deutschland eine ganze Güterzugladung voll mit Antibiotika geschluckt. " Allein 2016 haben in Bayern 1,4 Millionen unserer Versicherten im Jahr 2016 für zwei Wochen Antibiotika verordnet bekommen", meint Martin Steidler von der AOK Bayern, die bei dem Projekt "Arena" (die Abkürzung für: Anitibiotika-Resistenzen nachhaltig vermeiden) mit im Boot sitzt. Auch die industrielle Fleischproduktion kommt ohne massiven Einsatz von Antibiotika nicht mehr aus. Über die Ausscheidungen von Mensch und Tier gelangen die Wirkstoffe ins Grundwasser.
"Eigentlich könnten sie das Wasser schon als Arzneimittel ausschenken", meint Prof. Joachim Szecsenyi, Geschäftsführer des Aqua-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, das die Federführung des Arena-Projektes hat. Ein weiteres Problem: Es werden immer häufiger Breitbandantibiotika eingesetzt. "Damit schießt man mit Kanonen auf Spatzen", veranschaulicht Szecsenyi. Der unkritische Einsatz von Antibiotika führt zunehmend zu Resistenzen. "Das heißt, die scharfe Waffe im Kampf gegen bakterielle Infektionen wird stumpf, wenn man sie nicht richtig einsetzt", erklärt Dr Veit Wambach, Vorstandvorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze e.V aus Nürnberg.
"Zurückhaltung lohnt sich"
Das Projekt Arena setzt deshalb auf Information und Wissensvermittlung und richtet sich an Ärzte, Patienten oder auch an Medizinische Fachangestellte. In der Region beteiligen sich neben den beiden Nürnberger Praxisnetzen noch Arztnetze in Forchheim, Amberg und Altdorf. "Antibiotika gehören zu den am häufigsten verschriebenen Arzneimitteln im ambulanten Bereich. Doch sie sind wirkungslos, wenn eine Erkrankung durch Viren ausgelöst wird, wie beispielsweise bei einer Erkältung.", stellt der Allgemeinmediziner Wambach klar. Auch müsse nicht jede bakterielle Infektion sofort mit Antibiotika behandelt werden.
Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung zum Beispiel hilft auch viel trinken, Ruhe und bei Bedarf ein Schmerzmittel. Ist ein Antibiotikum unausweichlich, dann formulieren die Experten folgende Faustregeln: Die Dosis so niedrig wie möglich. die Dauer der Einnahme nur so lange wie nötig und das Wirkspektrum des Medikaments so schmal wie möglich. Bei einer Kontrolle nach drei oder vier Tagen lässt sich dann feststellen, ob die Verordnung angepasst werden muss. Die Ärzte und das Praxispersonal nehmen bei dem Projekt Arena an einem speziellen Informations- und Kommunikationstraining oder an Qualitätszirkeln teil, für die Patienten gibt es Flyer über Alternativen zu Antibiotika.
Zurückhaltung lohnt sich, lautet die Botschaft, denn dadurch kann die Entwicklung von Resistenzen verhindert oder zumindest verzögert werden. Schließlich kann jeder in die Situation kommen, auf ein oft lebensrettendes Antibiotikum angewiesen zu sein.
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