Ausstellung mit Kinderzeichnungen zum Thema Tod
18.10.2015, 19:53 UhrAusgestellt im dritten Stock der evhn können die Werke zwei Monate lang bis zum 14. Dezember während der Hochschulöffnungszeiten von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr betrachtet werden (Eingang Bärenschanzstraße 4, dritter Stock). Die Zeichnungen sind das Ergebnis des fünfjährigen Habilitationsprojektes „Kind und Tod. Zum Umgang mit kindlichen Schreckensvorstellungen und Hoffnungsbildern“ von Prof. Dr. Martina Plieth. Sie hat Hunderte Gespräche geführt, Meinungen und Bilder von Kindern gesammelt, sie analysiert und ausgewertet. „Ich habe noch nie so viel gelernt wie von diesen Jungen und Mädchen“, erklärte die 56-Jährige, die seit März 2014 an der Hochschule als Professorin für Gemeindepädagogik und Kirchliche Bildungsarbeit arbeitet.
Die Kinder seien ihr „beste Lehrmeister“ gewesen und hätten mit ihr sehr tiefgehende Gespräche geführt. „Kinder gehen mit dem Tod so fantastisch hoffnungsfroh um, davon können wir Erwachsenen uns eine Scheibe abschneiden“, fasste die Referentin zusammen. Eingespielte Zitate der Kinder und ihre Erläuterungen zu den Bildern waren zu hören. Akkordeonistin Prof. Irene Urbauch von der Hochschule für Musik spielte zu ausgewählten Motiven passende Musikstücke.
Die Bilder von Grundschulkindern im Alter zwischen neun und zwölf Jahren entstanden im Münsterland und im Ruhrgebiet, der vorherigen Arbeitsstätte der Professorin. „Sie sind ein Querschnitt und hätten auch in anderen Regionen Deutschlands so entstehen können“, sagte sie bei der feierlichen Eröffnung vor rund 70 Gästen. Die waren bewegt und manchmal darüber amüsiert, was die Professorin an offenbar typischen Unterschieden in den todesbezogenen Vorstellungswelten von Mädchen und Jungen herausgefunden hat: Mädchen wählten für ihre Motive eher Pastellfarben, Jungen nutzten kräftige Filzstifte oder drückten richtig auf die (Farb-)Tube.
Jungen erfanden für die Darstellung des Todes kriegerische Szenen und malten den Tod als Teufel oder Sensenmann. Mädchen stellten den Tod eher geschlechtsneutral dar. Während Jungen den Schrecken des Todes wie einen Unfall oder den Angriff durch einen Hai abbildeten, widmeten sich die Mädchen in ihren Motiven eher der Versorgung der Toten, ihrer Bettung in bester Bettwäsche oder ihrer Hoffnung über den Tod hinaus in Form von Engeln oder Regenbögen.
Nach dem Tod gehe das Leben weiter, nur anders, waren sich die Kinder einig. So werde auch nach dem Tod natürlich Fernsehen geschaut — „allerdings nicht so lange“ — und gesprochen – „aber leise“. Und natürlich wird auch Nutella gegessen, aber „nicht ganz so viel“.
Wer sich auf die Bilder einlassen und außergewöhnliche Sichten auf das Thema wagen möchte, der stößt auf Zeichnungen wie die von Dennis: Der Zehnjährige malte ein cooles „Tor zur Gruft“ mit Backsteinmauer und rankenden Grünpflanzen. Das stamme „aus seiner durch Computerspiele beeinflussten Fantasiewelt“, steht es im Kommentar zur Filzstiftzeichnung. Berührend ist auch eine mit Bleistift skizzierte und nur sehr zart kolorierte Blume der zehnjährigen Ariane: hängender Blütenkopf, herabfallende Blütenblätter und geknickte Blätter. Dass der Tod so traurig ist, dass selbst die Sonne nur noch winzig klein scheint, zeigt Lee (9 Jahre) auf seinem Bild: kräftige blaue Wolken lassen blaue Tropfen auf einen tiefschwarzen Grabstein fallen — da hat eine mickrige Sonne oben rechts keine Chance. In der Ausstellung sind aber auch unfreiwillig komische Zitate aus Kindermund zu entdecken wie: „Den Friedhof finde ich ganz gut. Ich geh da immer hin mit meiner Oma, den Opa harken.“
Im Rahmen der liebevoll gestalteten und viele Besucher sehr nachdenklich stimmenden Vernissage präsentierte Plieth auch einen Bildband mit Kinderzeichnungen von Sterben, Tod und dem Leben danach, Titel: „Auch Tote sind nicht gern allein“. Die Kinder hatten im Rahmen des Projektes darauf gedrängt, neben dem von ihr verfassten „langweiligen Buch mit den vielen Buchstaben“ auch eines zu bekommen, in dem sich ihre Zeichnungen wiederfinden.
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