Bayern setzt auf die Sicherheitswacht - doch es gibt Kritik

13.12.2017, 05:32 Uhr
Bayern setzt auf die Sicherheitswacht - doch es gibt Kritik

© Edgar Pfrogner

Sie tragen eine dunkelblaue Jacke, auf ihrem Rücken steht "Sicherheitswacht". Am Ärmel ist ein Aufnäher mit bayerischem Wappen angebracht. Seit 23 Jahren gehen Bürgerinnen und Bürger für die bayerische Polizei auf Fußstreife. Auch Gabriele Jokiel (48) und Walter Gold (62) gehören zur Sicherheitswacht. Mit vier weiteren Kollegen bestreifen sie den Nürnberger Christkindlesmarkt. In der Rathauswache erhalten alle Teilnehmer vor Dienstbeginn noch Instruktionen von Einsatzleiter Josef Haas. "Es gibt eine erhöhte, abstrakte Terrorgefahr", sagt Haas.

Verdächtige Gegenstände müssen sofort der Einsatzleitung mitgeteilt werden. Der Markt ziehe auch Taschendiebe an. Der leitende Polizist bittet die Frauen und Männer der Sicherheitswacht,
mit Blick auf Diebstähle die Besucher zu sensibilisieren. Rucksäcke sollten Gäste am Bauch tragen, Handtaschen am Körper. "Bisher gab es in der Innenstadt nur acht Taschendiebstähle", sagt er.

Aufwandsentschädigung von acht Euro pro Stunde

Doch das Erste, was die beiden Sicherheitswächter auf der Straße zu hören bekamen, ist die Frage nach dem Weg zu einem nahen Café. "Auch das machen wir", sagt Gabriele Jokiel. Doch in der Regel sieht der Streifendienst anders aus, der Christkindlesmarkt ist ein spezieller Fall. Zwischen fünf und 25 Stunden geht ein Mitglied der Sicherheitswacht jeden Monat auf Streife. Die Ehrenämtler erhalten eine Aufwandsentschädigung von acht Euro pro Stunde.

Wann sie ihre Einsätze leisten wollen, können sie frei einteilen. Treten sie ihren Dienst an, melden sie sich zuerst bei ihrer Inspektion. In der Inspektion Ost, für die Jokiel und Gold arbeiten, hängt eine Pinnwand mit Aufträgen. Etwa wenn Bürger sich beschwert haben, weil Hundehalter ihre Vierbeiner in einem Park nicht an die Leine nehmen. "Wir gehen da hin und schauen. Sind Hunde nicht an der Leine, machen wir Frauchen oder Herrchen darauf aufmerksam", sagt Jokiel.

"Melden auch, wenn Parkanlagen vermüllt sind"

Zur Ausrüstung der Sicherheitswächter gehören eine Trillerpfeife, ein Digitalfunkgerät und ein Abwehrspray. Einsetzen mussten Jokiel und Gold ihre Sprays noch nicht. Doch ungefährlich ist ihr Job nicht, das wissen sie. So wurde erst ein Mitarbeiter der Sicherheitswacht im Südstadtpark aufs Übelste mit Kraftausdrücken beleidigt, weil der Ehrenämtler den Beleidiger beim Urinieren in der Grünanlage ertappt und ihn darauf angesprochen hatte. Die Situation eskalierte glücklicherweise nicht, gegen den 34-Jährigen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Wie weit dürfen Sicherheitswächter aber gehen? Wird es bedrohlich, rufen sie per Funk eine Polizeistreife. Sie dürfen zwar die Identität von Personen überprüfen, aber nicht über ein Kennzeichen den Halter eines Autos abfragen. Wie jeder Bürger, dürfen sie Verdächtige festhalten, bis die Polizei eintrifft, die - wenn nötig - die Person festnimmt. "Wir melden auch, wenn Parkanlagen vermüllt sind, uns ein Exhibitionist auffällt oder Drogenbesteck auf Spielplätzen herumliegt", sagt die 48-Jährige. Einmal habe ein Auto mehrere Wochen lang an einem Park gestanden. "Ich rief in der Inspektion an und die ließ den Wagen entfernen", erinnert sich Jokiel.

Fußstreifen zurückgefahren

Das Polizeipräsidium sucht derzeit händeringend nach Interessenten, die Sicherheitswächter werden wollen. Beitreten kann man bis zum 62. Lebensjahr. Bis 67 kann man auf Streife gehen. Anwärter müssen vor ihrem ersten Dienstantritt noch eine 40-stündige Ausbildung absolvieren. Einsendeschluss für Bewerber ist der 31. Januar 2018 (Näheres dazu hier).

Innenminister Joachim Herrmann will bis zum Jahr 2020 die Zahl der Sicherheitswächter landesweit von bisher 900 auf 1500 ausbauen. Doch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht das skeptisch. "Für Sicherheit sollte allein die Polizei da sein", sagt der GdP-Bezirksvorsitzende Helmut Frey. Früher sei es üblich gewesen, dass Polizisten regelmäßig Fußstreife gehen. "Das ist massiv zurückgefahren worden." Frey: "Soll die Sicherheitswacht die Lücken füllen?"

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