Ansturm wegen Neun-Euro-Ticket

Chaotische Szenen am Nürnberger Hauptbahnhof: Regionalexpress muss geräumt werden

Tobi Lang

Redakteur

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7.6.2022, 11:44 Uhr
Am Samstagmorgen musste ein überfüllter Regionalexpress von Nürnberg nach Leipzig geräumt werden - offenbar kein Einzelfall.

© Lisa Holtz und Finn Sanders Am Samstagmorgen musste ein überfüllter Regionalexpress von Nürnberg nach Leipzig geräumt werden - offenbar kein Einzelfall.

Diskussionen helfen nichts. "Wenn die Vernunft nicht siegt, werden die Leute hier noch weiter stehen, ein oder zwei Stunden", sagt eine aufgeregte Mitarbeiterin der DB Sicherheit, dem Unternehmen, das in Deutschlands Bussen und Bahnen für Ordnung sorgt. Die ist gerade in diesen Tagen aber schwer gestört, denn: Immer wieder kommt es auf den Bahnsteigen zu chaotischen Szenen. Am Samstagmorgen musste etwa ein Regionalexpress von Nürnberg nach Leipzig geräumt werden.

Das Neun-Euro-Ticket sorgte am langen Pfingstwochenende für einen Ansturm auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Viele Nahausflügler machten sich auf den Weg in die Alpen, nach Sylt - oder aber auf die Erlanger Bergkirchweih, einem der größten Volksfeste Bayerns. Rund um Pfingsten sind ohnehin relativ viele Menschen unterwegs, das Billig-Abo brachte das System aber mancherorts an seine Grenzen.

"Überfüllt wird er nicht abfahren"

Etwa am Samstagmorgen in Nürnberg. Fahrgäste redeten auf das Personal ein, sie wollen weiter, möglichst schnell. Einige haben eine Zehn-Stunden-Fahrt nach Berlin vor sich. Ausschließlich mit Nahverkehrszügen. Sie werden bereits an der ersten Umsteigestation ausgebremst.

Die Mitarbeiter der DB Sicherheit sagen nur: "Der Zug muss geräumt werden, überfüllt wird er nicht abfahren." Erst wenn alle, die im Gang stehen und keinen Sitzplatz haben die Waggons verlassen haben, geht es weiter. Nach langen Diskussionen leert sich der Zug, irgendwann kann der Regionalexpress nach Sachsen abfahren.

400 hoffnungslos überfüllte Züge pro Tag

Der Bahn sind dabei die Hände gebunden. Übersteigt ein Zug die Auslastungsgrenze von 200 Prozent, muss er geräumt werden - im Zweifel kommt dabei sogar die Bundespolizei zum Einsatz. Das war in Nürnberg am Samstagmorgen noch nicht notwendig. Mitarbeiter der DB Sicherheit drangen zu den Menschen durch, die die Waggons widerwillig verließen.

Die Szenen am Nürnberger Hauptbahnhof sind kein Einzelfall. "Die Neun-Euro-Aktion hat erwartungsgemäß einen großen Ansturm auf die Regionalzüge ausgelöst, der bundesweit zu deutlich mehr Fällen von Überlastung geführt hat", sagte der Vize-Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats der DB Regio, Ralf Damde, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Bundesweit habe es jeden Tag etwa 400 hoffnungslos überfüllte Züge gegeben - sie mussten geräumt werden, in einigen Fällen wurde die Mitnahme von Fahrrädern untersagt. "Überall in Deutschland waren die Bahnsteige und die Züge voll", sagt Damde. Viele Bahn-Angestellte gehen schon jetzt auf dem Zahnfleisch."