Christkind: Ein himmlisches Amt

27.12.2008, 00:00 Uhr
Christkind: Ein himmlisches Amt

© Karlheinz Daut

Ob sie sich die goldene Krone noch einmal aufsetzen würde? Stephanie Rieder (frühere Jank) zögert mit ihrem «Ja« nicht eine Sekunde. «Das war die schönste Zeit, die ich bislang hatte«, sagt die angehende Grundschullehrerin, die in den Jahren 1999 und 2000 als himmlisches Kind unterwegs war. Nur den Auftritt auf der Empore der Frauenkirche, auf den könnte die heute 26-Jährige gut und gerne verzichten. Zum Glück sei ihr damals gar nicht klar gewesen, was für ein Riesenpublikum sie hatte, sagt Rieder. «Die Verantwortung wird einem erst nachträglich bewusst.«

Den Prolog mitgeflüstert

Marisa Sanchez dagegen, die in den zwei darauffolgenden Jahren die goldene Krone trug, murmelt immer noch leise mit, wenn der Prolog gesprochen wird. Bei der feierlichen Zeremonie spüre sie bis heute «dieses Kribbeln im Bauch«, sagt die 24-Jährige, die demnächst ihr Referendariat als Grundschullehrerin beginnen wird. Während früher alle Augen auf ihr ruhten, kann sie heute ganz unbehelligt von den vielen Passanten, mitten im Getümmel des Christkindlesmarktes, mit ihren Amtskolleginnen plaudern. Doch das stört die Nürnbergerin nicht. «Man hatte das ja selbst zwei Jahre lang«, sagt auch Eva Sattler, Christkind der Jahre 2005/06.

Und so beobachten sie und die anderen Ex-Christkinder gelassen, wie das noch amtierende Christkind alle Blicke auf sich zieht, kaum dass es seinem Bus entstiegen ist. Ein Lächeln hier, ein Foto dort, zwischendrin ein paar liebe Worte für die Kinder – zum Abschluss ihrer Amtszeit ist Rebekka Volland noch einmal intensiv gefordert. Die obligatorischen Besuche der Feuerwache und der Polizei liegen jetzt, am Mittag, schon hinter ihr, Obdachlose und Alleinstehende in drei karitativen Einrichtungen warten noch auf sie.

Doch wenn’s nach Rebekka ginge, könnte das Ganze noch eine Weile weitergehen. Die vielen Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen hätten ihr viel Spaß gemacht und sie sehr berührt, sagt die Schülerin des Peter-Vischer-Gymnasiums.

Der Spaß am Amt, er ist wohl allen Christkindern gemeinsam. Sogar Tränen seien zum Abschied früher schon mal geflossen, sagt Edith Kerndler vom städtischen Presseamt, die alle Mädchen betreut hat und den Kontakt auch nach Jahren noch hält. Was sie alle verbinde, sei ihre «hohe soziale Kompetenz«, so Kerndler.

Eine Fähigkeit, die die himmlischen Wesen brauchen, müssen sie doch im Stundentakt umschalten vom Auftritt vor der Fernsehkamera zum Besuch der Kinderklinik, vom heiteren Hallo im «Sternenhaus« zum heiklen Termin bei den Ärmsten der Armen. «Das relativiert die eigenen Sorgen«, sagt Christin Strauber, in den Jahren 2003 und 04 im Amt. Bei so manch einer hat die Zeit als Christkind gar den weiteren Lebensweg geprägt. So weckten die vielen Begegnungen mit Kindern bei Marisa Sanchez und Stephanie Rieder die Lust auf’s Grundschullehramt; Katrin Urschel, Christkind vor zehn Jahren, studierte statt Meeresbiologie Wirtschafts- und Kulturräume, weil mit dem Amt das Interesse an gesellschaftspolitischen Fragen wuchs. Profitiert habe sie von der Zeit ohnehin, sagt die 27-Jährige. Mündliche Prüfungen und Referate meistere sie dank der vielen öffentlichen Auftritte mit viel Selbstvertrauen. «Das Amt ist eine gute Übung.«