Corona-Blockade auf A73: Innenminister sieht "neue Stufe der Eskalation"
7.1.2021, 18:12 UhrÜberraschend kam der Einsatz für die Polizisten am Mittwoch nicht. Bereits im Lauf des Tages bekamen die Beamten Wind davon, dass Gegner der Corona-Maßnahmen unter dem Stichwort "D-Day 2.0" bundesweit in sozialen Netzwerken mobil machen. Die Absicht der Aktivisten, die aus verschiedenen politischen Milieus stammen: Blockdown vor Lockdown, also aus Protest gegen die verschärften Regeln wichtige Verkehrsknotenpunkte blockieren.
Gegen 16.15 Uhr fielen der Verkehrspolizei Erlangen dann auf dem Frankenschnellweg in Richtung Nürnberg acht Autos auf, die mit Slogans und Bannern versehen waren. Statt der erlaubten 100 (und im späteren Bereich erlaubten 80) Kilometern pro Stunde zuckelten die Autos mit deutlich weniger als 50 Sachen dahin. Andere Fahrer mussten stark bremsen und konnten nicht überholen. Im Bereich der Jansenbrücke wurden die Aktivisten von der Polizei gestoppt. Die Beamten stellten Autos und Handys sicher, auf die Fahrer kommen nun Verfahren zu.
"Hochgefährlich und inakzeptabel" nennt der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann das Verhalten bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Donnerstag. Ein Verhalten, das man nicht tolerieren werde. Der Vorfall auf der A73 war nicht der einzige im Freistaat. Auch auf der A94 bei München waren Corona-Kritiker unterwegs und blockierten den Verkehr. In Fürth erfassten die Beamten fünf weitere Autos auf einem Parkplatz. "Das hat mit friedlichem Protest und dem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit überhaupt nichts mehr zu tun", sagt Herrmann. Wer einen künstlichen Stau auf Autobahnen herbeiführen wolle, der riskiere auch Menschenleben.
Keine Verbindungen zur rechtsextremen Szene
Mittelfrankens Polizeipräsident Roman Fertinger nennt einen Fall, bei dem auch noch ein achtjähriges Kind mit im Auto saß. "Also von daher merkt man, wie ideologisch verblendet da manche vorgehen." Einige der Teilnehmer seien den Beamten schon bekannt gewesen – etwa, weil sie bei Demos keine Maske trugen. Andere fielen aber auch durch Delikte wie Diebstahl oder Sachbeschädigung auf. Verbindungen zur rechtsextremen Szene habe aber keiner.
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Unterdessen kritisiert die Allianz gegen Rechtsextremismus das Verhalten der Polizei am vergangenen Wochenende. Als völlig unbegreiflich bezeichnet deren Vorsitzender Stephan Doll die Genehmigung der Spontandemos und die Duldung des Demonstrationszuges von Querdenkern vom Hauptmarkt zum Weißen Turm. "Bei so viel tolerierter Spontaneität bleibt mehr als ein fahler Beigeschmack zurück und es entstehen viele Fragen", so Doll.
Nächste Demo am Sonntag erwartet
Fertinger kennt die Kritik – und erklärt, wie es zu der Demo kam und warum die Beamten diese zuließen. So hätten die Demonstranten bereits ab Mittag einen zu rigiden Einsatz der Polizei beklagt. Deshalb habe ein Anwalt unter ihnen auch die spontane Demo auf dem Jakobsplatz angemeldet. Dass es dafür nun Kritik gerade aus der linken Ecke hagelt, ärgert Fertinger. Schließlich habe es in der Vergangenheit auch immer wieder Spontandemos linksgerichteter Gruppen vor dem Polizeipräsidium gegeben.
Am kommenden Wochenende dürfte es in Nürnberg zu keinen größeren Corona-Kritiker-Aktionen kommen, angemeldet ist laut Stadtrechtsdirektor Olaf Kuch bislang noch nichts. Für Sonntag, 17. Januar, ist jedoch bereits eine Demo auf dem Hauptmarkt angemeldet. Die geltenden Auflagen für Demos in der aktuellen Corona-Zeit: nicht länger als eine Stunde, kein Demozug, maximal 200 Teilnehmer. Sollten doch mehr kommen, dann wird der Bereich abgeriegelt. Warum man solche Demos in der aktuellen Situation nicht einfach verbietet? "Zwei Dinge sind in der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung nicht verboten", sagt Kuch: Gottesdienste und Versammlungen.