Trockenes Gebüsch treibt der Wind noch nicht durch die an Samstagen wie diesem üblicherweise menschenvollen Einkaufsmeilen Breite Gasse oder die Karolinenstraße. Der moderne Ersatz dieser botanischen Steppenläufer sind Einkaufswagen oder Rollenkoffer, die die wenigen Passanten in den vereinsamten Ladenstraßen über das Pflaster ziehen. Die Rollen klackern in der Stille des späten Vormittags weithin hörbar, was sonst in der lauten Konsumgeschäftigkeit untergeht. Die Straßenbahnen gondeln leer durch die Stadt.
Corona-FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Virus
Ein lonesome Rider - ohne Pferd - irrt verlassen vor den geschlossenen Kaufhäusern herum. "Ich suche einen Lotto-Laden, um zu tippen", sagt er missmutig, "der am Plärrer hat zu. Scheiße." Zeiten des Glücks scheinen das für ihn nicht zu sein. Ein Ehepaar aus Kanada stapft gegen den kühlen Wind an den verlassenen Ladenfronten vorbei: "Wir wohnen in der Nähe des Germanischen Nationalmuseums und vertreten uns ein bisschen die Füße." Der bedeckte Himmel hellt gerade etwas auf.
Und eine ältere Frau hat ihren samstäglichen Lebensmitteleinkauf erledigt, das Übliche, kein Hamstern. "Ich laufe jeden Samstag vom Nordring in die Innenstadt, und das mache ich auch heute", meint sie trotzig, "warum auch nicht.". Sie wirft einen Blick durch die Schaufenster in die Auslagen. In die Geschäfte hineingehen kann sie nicht. Die sind zu.
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An den gläsernen Eingangstüren weisen Aushänge auf die ungewöhnlichen Umstände hin, die die Schließung erfordern. Viele dieser Kundeninformationen mit Telefonnummern oder Internetadressen sind völlig nüchtern gehalten: "Die aktuellen Ereignisse rund um die Corona-Pandemie machen eine Aufrechterhaltung des Betriebs nicht mehr möglich." Es folgt eine Hinweis auf die entsprechende Allgemeinverfügung der Staatsregierung.
Es findet sich aber auch mitfühlende, aufmunternde, blumige oder ernste Corona-Prosa darunter, mit der bedauert wird, dass der Laden nicht geöffnet ist. "Das Glück kommt zu dir nach Hause. Bestelle dir deine Portion Glück online", heißt es da, oder: "In diesen unsicheren und beispiellosen Zeiten, war es noch nie so wichtig wie heute, unsere Werte zu leben. Deshalb stehen die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter und der Menschen, die unsere Marke lieben und kaufen, an erster Stelle." - "Da wir nicht zu den überlebensnotwendigen Geschäften zählen, sind wir leider dazu verpflichtet unser Geschäft geschlossen zu halten." - "Leider bleiben die Filialen in unserem schönen Bundesland vorübergehend geschlossen." - "Liebe Kunden, in diesem Zeiten halten wir alle zusammen." - "Die globale Verbreitung von Covid-19 betrifft Menschen, Gemeinden und Unternehmen auf der ganzen Welt. Ereignisse dieser Größenordnung erfordern, dass wir als globales Unternehmen Verantwortung übernehmen." - "Zusammen schaffen wir das." - "Bald wieder da," verspricht eine Backwarenkette. Für den "Notfall", was immer der hier konkret eintreten könnte, wird eine Hamburger Telefonnummer angegeben. "Liebe Freunde, wir sind traurig. Wir können nicht für Sie da sein. Wir helfen damit, die Corona-Viren zu stoppen!"
Corona: Das ist der aktuelle Stand
Schnellrestaurants haben ihre Tische und Stühle mit rotweißen Flatterbändern abgesperrt. Die Schalter sind aber geöffnet, weil der Straßenverkauf erlaubt ist. In den teilgeschlossenen Imbissläden sind aber kaum Hungrige anzutreffen.
Polizeistreifen drehen da und dort ihre Runden, präsent, aber nicht auffällig oder scharf kontrollierend. Eingreifen müssen sie kaum. Im Hauptbahnhof kontrollieren zwei maskierte Beamte - sie tragen Atemschutz - einen älteren Herren und fragen ihn, was er hier macht. "Ich trinke hier Alkohol", antwortet der völlig korrekt.
Als er merkt, dass diese Begründung für seinen Aufenthalt hier die Polizisten nicht recht überzeugt, wird er sehr unhöflich und schwenkt nach einem kurzen verbalen Schlagabtausch um: "Ich warte auf die S-Bahn." Wann die fährt, kann er nicht so genau sagen. Es fahren ja auch viele. Das Verhalten des ungehaltenen S-Bahnfahrers wird wohl ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach sich ziehen. Ansonsten ist auch der Nürnberger Hauptbahnhof an diesem Tag verlassen wie der einer Westernstadt, die ihre besten Tage hinter sich hat - in Falle Nürnbergs aber auf bessere wartet.
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