Die lange Nacht der Bohème punktete mit starken Frauen
24.09.2012, 00:00 Uhr
UND STEFAN HIPPEL (Fotos)

Die Frauenquote ist auch beim Nürnberger Opernball angekommen: Auf dem roten Teppich standen die Ehefrauen von Staatsminister Joachim Herrmann, Wirtschaftsreferent Michael Fraas, Finanzminister Markus Söder oder Uni-Präsident Karl-Dieter Grüske im Scheinwerferlicht. CSU-Bundestagsabgeordnete Dagmar Wöhrl kam gleich mit einer Frau an ihrer Seite: „Meine persönliche Mitarbeiterin Petra Thümer vertritt heute meinen Mann“, sagte sie lachend. RTL-Moderatorin Katja Burkard, die den Abend auch moderierte, hatte tatsächlich „richtig Lampenfieber“ vor ihrem Auftritt: „Mir wurde gesagt, dass man sich die Herzen der Franken erst erobern muss!“

Wie ein Paukenschlag war die Ankunft von Stargast Barbara Schöneberger, die für den erkrankten Roger Cicero einsprang. „Freunde, bis Weihnachten passiert gar nichts“, sagte sie, streichelte sich den schwangeren Bauch und strahlte in die Kameras. Ja, Nürnberg kenne sie. Vor kurzem habe sie hier „Hanni & Nanni“ gedreht. Aber Singen sei viel besser als Schauspielern: „Das geht schneller.“ Die dritte prominente Frau des Abends schlüpfte durch den Hintereingang: Schauspielerin Katja Weizenböck ist die Schirmherrin des Nürnberger Vereins „Wildwasser“, der den Erlös der Tombola (aufgerundete 35000 Euro) erhielt. Da sie ohne Begleitung gekommen war, mischte sie sich einfach unters Volk und redete bald mit diesem, bald mit jener locker über ihre Kindheit in Erlangen.

Nur wenige Meter vom roten Teppich entfernt, reckten knapp zehn Leute Schilder in die Höhe: „Reichtum ist teilbar“ war zu lesen. Nein, sie wollen niemanden stören. Die Linke wolle nur aufmerksam machen auf den bundesweiten Aktionstag „UmFAIRteilen — Reichtum besteuern“ am kommenden Wochenende, sagte Kreisvorstand Stefan Stroheker. „Wir haben nichts gegen den Opernball!“, fügte er hinzu und wünschte noch einen schönen Abend.

Neue Gastronomie ist eingezogen: Neben dem bewährten Lehrieder- Partyservice bewirteten nun die Mitarbeiter um Christian Wagner (Café Lorenz) die Gäste. Für das ganz in Weiß gehaltene Restaurant in der Probebühne hatte Wagner sich prominente Unterstützung geholt: Sterne-Koch Alexander Herrmann schwang zwar nicht selbst den Kochlöffel, aber ging von Tisch zu Tisch, parlierte und scherzte mit den Restaurant-Besuchern, die exklusiv sein „Palazzo 2012“-Menü kosten durften. Während die Gäste, darunter Clovis Taittinger, Sprössling des gleichnamigen Champagner-Herstellers, rosa gebratenes Kalbsfilet mit weißer Gewürzsauce, scharfem Orangen-Kürbis und Schmorschalotten speisten, verfolgten sie die Eröffnung im Ballsaal auf der Leinwand.
Das verkürzte Eröffnungsprogramm dankten vor allem die Tanzfreudigen unter den Gästen. Schon bei den ersten Tönen der Nürnberger Staatsphilharmoniker unter Leitung von Markus Bosch wippten viele im großen Ballsaal mit den Füßen. Bevor Staatsintendant Peter Theiler mit Ehefrau Gabriele Heimann den ersten Walzer eröffnete, musste sich das Publikum allerdings noch ein bisschen gedulden. Zuvor holte Moderatorin Katja Burkard noch den bayerischen Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch und Oberbürgermeister Ulrich Maly auf die Bühne.
Zuhörerfreundlich beschränkten beide sich darauf, kurz und knapp von „Deutschlands größtem Opernball“ zu schwärmen. Und bei der hinreißenden Einlage von Sopranistin Leah Gordon fiel es niemandem schwer, noch ein kleines bisschen länger zu warten, bis der Staatsintendant mit den Worten „Alles Walzer“ das Tanzparkett freigab. Die Tänzer freuten sich über deutlich mehr Platz — die Veranstalter konnten an die Besucherzahl des Vorjahres nicht anknüpfen. Während 2011 noch über 3000 Gäste durch die Ränge flanierten, waren es in diesem Jahr laut Organisatoren 2500. Kenner munkelten von Zahlen unter 2000.
Tanzen mag Udo Waltz nicht mehr. Mit 68 Jahren könne man nicht mehr so „rumzappeln“, sagte der Promi-Friseur, der extra aus Berlin angereist war. Er gucke lieber. Am roten Teppich hatte er reichlich Gelegenheit dazu. Über all die „Hammer-Frauen“ zeigte sich Waltz begeistert: „Ich hätte nicht gedacht, dass Nürnberg so etwas zu bieten hat.“ Kurz nach Mitternacht stellte der Friseur dann werbewirksam seinen eigenen Sekt „Udo“ vor. „Champagner ist mir zu sauer.“
Zwischen Korsagen und Unterröcken im Kleiderfundus, im winzigen Turmzimmer oder im ehemaligen vierten Rang, der normalerweise nur Scheinwerfer beherbergt, durften die Gäste erstmals den „Parcours de Bohème“ mitmachen. In den Räumen, in die Normalsterbliche sonst kaum gelangen, gaben Stars des Staatstheaters Auszüge aus Oper und Schauspiel zum Besten: Der Musetta-Walzer „Quando m’en vo’“ aus „La Bohème“, „Komm mit mir ins Chambre Séparée“ aus „Der Opernball“ oder der Prolog aus „Lulu“ — nicht nur IHK-Präsident Dirk von Vopelius nebst Gattin waren begeistert. „Das hat alles übertroffen, was wir erwartet haben“, befanden auch Andreas Niemietz und Natalie Hense nach dem Theaterparcours. Für beide war es der erste Opernball. Entscheiden, was ihnen bislang am besten gefallen hat, konnten sie sich nicht.
Everybody’s Darling Barbara Schöneberger flogen bei ihrem Auftritt nur so die Herzen zu. Die Sängerin winkte gut gelaunt jedem Einzelnen zurück, holte sich kokett ein Schlückchen Wasser aus einer der Logen und sorgte mit ihren Liedern für Gänsehaut, reichlich Lacher, donnernden Applaus und Zugabe-Rufe.
Nach Walzer und Publikums-Polka hatten dann auch Fliegen und hochhackige Schuhe in der Disco Feierabend. Um fünf Uhr früh verabschiedeten sich die letzten Gäste hoffnungsfroh bis zum Opernball im nächsten Jahr.
Eine Bildergalerie zum 11. Opernball gibt es unter:
www.nn-online.de
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