Digital Festival: Wie kann Qualitätsjournalismus überleben?
16.10.2018, 16:56 UhrWer über guten Journalismus sprechen will, der muss über Geld reden. Denn bei der Beschaffung, Aufbereitung und Präsentation von Informationen gilt der Grundsatz, dass Qualität nicht billig zu haben ist. Egal, ob es um Zeitungsjournalismus oder um die Produktion von öffentlich-rechtlichen Hörfunk- und Fernsehprogrammen geht.
Und obwohl das Finanzierungsmodell der beiden Medienbereiche denkbar unterschiedlich ist, stehen aktuell beide unter gehörigem Druck. Tageszeitungen kämpfen bundesweit mit Auflagenrückgängen und Einbrüchen bei den Werbeeinnahmen. Das Internet ist unbequemer Konkurrent, und die eigenen Netzangebote spielen noch zu wenig Geld in die Kasse. Die Refinanzierung des großen Aufwands der Verlagshäuser ist gefährdet. "Um so etwas müssen Sie sich nicht kümmern“, stichelt NN-Chefredakteur Michael Husarek in Richtung seines Gesprächspartners Thomas Hinrichs.
Der Informationsdirektor des Bayerischen Rundfunks kennt die Vorwürfe, die mit den zuverlässig fließenden Beitragsmilliarden für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbunden sind natürlich. Immer wieder verweist er an diesem Abend im Nürnberger Orpheum darauf, "dass 2009 zum letzten Mal der Beitrag erhöht wurde". Und genug Probleme haben ja tatsächlich auch Sender wie der BR. Vor allem die Rechtspopulisten wettern gegen die "Zwangsgebühren", diffamieren die Öffentlich-Rechtlichen als "Staatssender", und zu allem Überfluss interessieren sich viele junge Menschen nicht mehr für klassische Hörfunk- und Fernsehprogramme. Sie holen sich ihre Medienangebote aus dem Netz.
Und so sitzen Zeitungsjournalismus und Öffentlich-Rechtliche doch irgendwie im selben sturmumtosten Boot. Da könne man, wie Thomas Hinrichs meint, dann ja auch gleich gemeinsam an einem zukunftssichernden Rettungskonzept arbeiten. Einen konkreten Plan hat er auch schon. Er plädiert vehement für eine große europäische Internet-Plattform, will Terrain von den amerikanischen Netz-Giganten zurückerobern. "Wir sollten uns zusammentun und Jeff Bezos zeigen, was ’ne Harke ist", fordert Hinrichs seinen Zeitungskollegen auf. "Wenn wir nicht den Mut haben, kühne, waghalsige Ideen zu entwickeln, werden uns die Amerikaner am Gängelband durch die Arena führen."
Umdenken spürbar
Doch Husarek hat so seine Zweifel, ob ein solches europäisches Plattform-Projekt Leute wie den Amazon-Chef Bezos wirklich beeindrucken könnte. Der NN-Chefredakteur setzt eher darauf, dass sich bei den Nutzern endlich ein Bewusstseinswandel bemerkbar macht. Er glaubt, dass die Attraktivität der großen, von Fake News und Hass-Kommentaren überschwemmten Plattformen bereits nachlässt. "Es wird bewusster darüber nachgedacht: Welche Quelle nutze ich?" Das sei die Chance seriöser Journalismus-Angebote im Netz.
Glaubwürdigkeit und regionale Kompetenz – auch für Hinrichs’ Traum von einer europäischen Plattform sind das die entscheidenden Größen. "Eine solche Plattform über den Markt attraktiv zu machen – das gelingt uns gegen Amazon, Facebook und YouTube nicht." Könnte eventuell ein nach öffentlich-rechtlichem Modell erhobener, allgemeiner Medienbeitrag, der anteilig auch an Zeitungsverlage gehen würde, solch ein Projekt und die Zukunft des Qualitätsjournalismus als vierte Gewalt im Staat sichern, will Moderatorin Marion Grether, Direktorin des Nürnberger Museums für Kommunikation, wissen. "Für mich ist das undenkbar", antwortet Michael Husarek. Überhaupt möchte er nicht auf Hilfestellung der Politik setzen. "Um am Tropf der Politik zu hängen, dafür fühlen wir uns dann doch noch zu gesund."
Die ausführlichen Debattenbeiträge von NN-Chefredakteur Michael Husarek und BR-Mann Thomas Hinrichs finden Sie hier.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen