"Dürer-Traum" für Historischen Rathaussaal bleibt unerfüllbar

14.05.2014, 06:00 Uhr
Mehr als zwei Stunden Austausch und kein Stück trocken: Die NN-Podiumsdiskussion zum Historischen Rathaussaal.

© Michael Matejka Mehr als zwei Stunden Austausch und kein Stück trocken: Die NN-Podiumsdiskussion zum Historischen Rathaussaal.

Lag es am „genius loci“, also an Geist und Ausstrahlung des Ortes? Unter dem beeindruckenden Tonnengewölbe und mit Blick auf die einst kunstvoll bemalte, seit dem Wiederaufbau aber weiße Wand der Nordseite lagen Ernst und Herzblut nahe beieinander. „Ohne uns sähe der Saal nicht so aus wie heute. Jetzt kommt es darauf an, die Rekonstruktion zu Ende zu bringen“, fasste Harald Pollmann die Position der Altstadtfreunde zusammen.

Der Steinmetz, der bereits die derzeit laufende (und nicht weniger umstrittene) Wiederherstellung des Pellerhofes angestoßen hatte, erinnerte daran, dass der seit dem Wiederaufbau über 20 Jahre lang leere Saal erst auf Initiative seines Vereins und aus Spendenmitteln neu ausgestaltet worden war. Nun streben die Altstadtfreunde die Rekonstruktion der Wandmalereien vor der Zerstörung 1945 an – selbst wenn aus verschiedenen Gründen keinesfalls von einem „Dürer-Original“ die Rede sein kann. Das solle auch niemand vorgegaukelt werden.

Moderiert vom stellvertretenden NN-Chefredakteur Michael Husarek und NN-Redakteur Hartmut Voigt, bot die anschließende Podiumsrunde mit dem Altstadtfreunde-Vorsitzenden Karl-Heinz Enderle, Peter Fleischmann, Chef im Staatsarchiv Nürnberg, Kulturreferentin Julia Lehner und OB Ulrich Maly einen kompakten Überblick zur Debattenlage – und ließ einige Aspekte noch deutlicher werden als allgemein bekannt.

Das gilt zum Beispiel für das Alternativkonzept aus dem Kulturreferat: Prof. Julia Lehner rechnen es die Altstadtfreunde zwar ausdrücklich als Verdienst an, dass mit den Projektionen der Relikte und Farbdias von 1943/44 im „Jahr der Kunst“ 2012 der Wunsch nach einer Rekonstruktion „nach 25 Jahren Stillstand“ neu geweckt wurde; ob sie als realistische Option einzustufen ist, bleibt freilich umstritten. Lehner selbst beschreibt die entfesselte Dynamik unterdessen mit dem Bild von der „Büchse der Pandora“, die nicht mehr zu schließen ist, beteuert aber: „Ich bereue nichts.“

Ihr Konzept soll das Rathaus und seine Geschichte in einer Achse über das Fembohaus zur Burg insgesamt besser und mit Rücksicht auf zahllose Veranstaltungen auch variabel erschließen – vor allem mit Multimedia-Technik. Zugleich wurde dabei deutlich, dass sich dieses Vorhaben und eine Rekonstruktion der Ausmalung keineswegs absolut ausschließen, sondern in weiten Teilen sogar ergänzen.

Bloße Kulisse

Im Kern gehen die Meinungen im Geschichtsverständnis auseinander: Die Vertreter der Stadt lehnen eine Wiederherstellung dessen, was verloren ist, als bloße nostalgische Kulisse ab – die Festlegung auf den verlorenen Vorkriegszustand, der allenfalls noch Gedanken und Entwürfe von Dürer spiegelte, halten sie im Zweifel für willkürlich.

Die Altstadtfreunde hielten mit dem Hinweis dagegen, dass nicht nur der jetzige Zustand des Saals, sondern auch viele andere Sehenswürdigkeiten nichts als pure Rekonstruktion seien, von Einheimischen wie Touristen vielfach bewundert – worauf im Vergleich mit dem Goldenen Saal in Augsburg auch der eigens angereiste frühere Stadtheimatpfleger der Fuggerstadt, Eberhard Hilbich, verwies.

Auch wenn das Forum natürlich nicht als Kräftemessen gedacht war, hatten beide Seiten doch gut vorgesorgt, um mit Fachleuten und Unterstützern auch in den Reihen des Publikums vertreten zu sein. Nur 15 Prozent der Besucher bezeichneten sich bei einer Umfrage vor Beginn als noch unentschieden. Unter den 85 Prozent hielten sich Befürworter und Gegner einer Rekonstruktion fast exakt die Waage; auch der Beifall für die Redebeiträge schien gleichmäßig verteilt.

Befürchtungen, dass die Abstimmung am 25. Mai wegen zu geringer Beteiligung kein repräsentatives Ergebnis bringen könnte, teilt OB Maly nicht, auch wenn die Europawahlen am selben Tag voraussichtlich weniger Zuspruch finden als etwa Bundestagswahlen. „Wir hoffen aber gemeinsam, dass sich beide gegenseitig beflügeln“, so Maly. „Und wir müssen damit leben, dass diejenigen, die ihre Stimme abgeben, das immer auch für jene tun, die fernbleiben.“

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