Tag der offenen Tür
Endlich fertig: Sebalder Pfarrhof in Nürnberg lädt zum Entdecken ein
29.9.2021, 12:52 UhrSeit 2018 war der über 800 Jahre alte Sebalder Pfarrhof eine Großbaustelle: Nun ist die umfassende, mittlerweile 6,7 Millionen Euro teure Sanierung nahezu abgeschlossen.
Das denkmalgeschützte Gebäude präsentiert sich gastfreundlich und einladend: Die Eingangstür steht offen, Passanten sollen einen Blick in den hellen, freundlichen Innenhof werfen. Der Clou: Gastronomin Melanie Stummhöfer betreibt in der Eingangshalle das "Cafe Maulbeere". Man kann sich an einen der liebevoll drapierten Tische setzen, einen Espresso trinken und sich unterhalten. Ursprünglich war das nicht geplant.
Jüdischer Segen an der Tür
Während der Bauarbeiten hatte man über einer Tür im Eingangsgereich einen verputzten, jüdischen Grabstein entdeckt. Er erinnert in hebräischer Schrift an eine Frau Gutlin, die 1334 gestorben ist. Darunter legten Spezialisten in der untersten Lackschicht der Tür aus der Zeit um 1500 einen jüdischen Segensspruch frei: "An dieses Tor soll kein Kummer kommen."
Wie kommen diese beiden uralten jüdischen Spuren in der Altstadt in den evangelischen Pfarrhof? "Es war eine Grabschändung", meint der Sebalder Pfarrer Martin Brons, denn der Stein stand schließlich einst auf dem jüdischen Friedhof. Er hätte den Grabstein auch an die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg (IKGN) zurückgegeben.
Kleines Geheimnis im Boden des Wohnzimmers entdeckt
Doch in enger Abstimmung mit der IKGN und der Stadt entwickelte der Geistliche die Idee, einen Ausstellungsraum "Stein und Tür" einzurichten und so an die jüdische Geschichte Nürnbergs zu erinnern. Allerdings ist dieses Zimmer noch im Rohzustand und wird erst später eröffnet.
Die einzelnen Stockwerke sind dagegen schon in Benutzung: Seit Februar führt eine Rechtsanwaltskanzlei ihre Geschäfte in der zweiten Etage, die Miete wird zum Abstottern des Baukredits verwendet. Im selben Monat sind der Pfarrer und seine Familie in den ersten Stock eingezogen. Dort befinden sich auch die Büros der Mitarbeiter(innen).
Beeindruckender Gemeindesaal
Im Erdgeschoss nutzt die evangelische Gemeinde die sogenannte Wöchnerstube und den angrenzenden großen Pfarrsaal. Mit Sorgfalt und feinem Gespür hat Architekt Johannes Fritsch, der die Bauarbeiten geleitet hat, einen beeindruckenden Raum der Gemeinschaft geschaffen. Die freigelegte originale Substanz kommt durch eine sparsame Möblierung noch besser zur Geltung.
Ursprünglich hatte man die Gesamtkosten für den Sebalder Pfarrhof auf 4,5 Millionen Euro geschätzt, doch es kamen immer wieder unerwartete Sonderausgaben dazu. Hohe Ansprüche des Brandschutzes, die behutsame Erhaltung der Wandmalereien und weiterer originaler Substanz, das Entsorgen von 280 Tonnen bleihaltigen Sandes aus den Zwischendecken als Sondermüll ließen die Kosten steigen.
Das Baustellenmanagement musste ständig angepasst werden, wenn die einzelnen Gewerke nicht direkt nach dem ursprünglichen Zeitplan aneinander anschließen konnten. Auch das kostete Geld.
Spenden sind nötig
Zu den 6,7 Millionen Euro gibt es zwar großzügige Zuschüsse der Evangelischen Landeskirche, des Dekanats und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie des Entschädigungsfonds des Freistaats Bayern. Trotzdem muss die Sebalder Gemeinde selbst 2,8 Millionen Euro aufbringen.
Ein Tag der offenen Tür am Sonntag, 3. Oktober, bietet Interessierten die Gelegenheit, Innenhof und Erdgeschoss des Pfarrhofs zu besichtigen. Um 10 Uhr ist Erntedank-Gottesdienst in St. Sebald, anschließend ist der Pfarrhof ab 11 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.
Wer finanziell etwas beitragen möchte: Spendenkonto St. Sebald, IBAN: DE47 5206 0410 0001 5711 41, Verwendungszweck: Spende Sebalder Pfarrhof 0310
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