Fall 4 der Weihnachtsaktion

Ernährung, Heizung und Stigmatisierungen: Was HIV-Infizierten zu schaffen macht

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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16.11.2022, 11:45 Uhr
Eine Schleife aus Kerzenlichtern erinnerte an einem der Welt-Aids-Tage in den vergangenen Jahren an die Immunschwächekrankheit und die von ihr Betroffenen. 

© PRAKASH MATHEMA, AFP Eine Schleife aus Kerzenlichtern erinnerte an einem der Welt-Aids-Tage in den vergangenen Jahren an die Immunschwächekrankheit und die von ihr Betroffenen. 

Etwa 3500 Beratungskontakte verzeichnet die Aids-Hilfe Nürnberg, Fürth und Erlangen pro Jahr; die Zahl der Menschen in unserer Region, die mit dem Virus leben müssen und dank guter Medikamente es heute oft besser schaffen als früher, liegt bei etwa 1400.

Dennoch plagen etliche durchaus existenzielle Nöte und Probleme. Nicht umsonst werden gut drei Dutzend Klienten von der Aidshilfe intensiv begleitet, viele haben ziemlich bewegte und bewegende Lebensgeschichten. So auch Gerhard T. (alle Namen geändert) aus Erlangen. Der frühere Handwerksmeister hatte lange im Ausland gelebt, unter anderem in Hongkong. Bis er vor zwei Jahren wegen einer Krebserkrankung in die Heimat zurückkehrte. Die hat ihn - im Verbund mit seiner HIV-Infektion - inzwischen so gebeutelt, dass er nur noch - wie es so salopp heißt - wie ein Strich in der Landschaft wirkt.

Gute Ernährung ist das A und O

"Deshalb soll und will ich besonders auf eine gesunde und auch kalorienreiche Ernährung achten", erläutert er. Aber das gelingt ihm nur noch ab und zu. Nicht nur, weil viele passende Lebensmittel so teuer geworden sind, sondern auch weil sein Herd defekt ist. Und Menschen, die wie er auf Grundsicherung angewiesen sind, verfügen in der Regel über keine Rücklagen, um sich mal eben ein neues Gerät zu besorgen.

Um eine vergleichsweise überschaubare Unterstützung geht es auch für Lothar G. Aus der Bahn geworfen hat den früheren Gärtner allerdings nicht die HIV-Infektion, sondern ein Unfall, bei dem er einen Schädel-Basis-Bruch erlitt, auch die Schulter und mehrere Bandscheiben wurden in Mitleidenschaft gezogen. Mit Gehstock ist er zwar noch mobil, aber nur zum Preis von drückenden Schmerzen im Rücken.

Nur ein Ofen in der Küche

Gerade er bräuchte im Winter eigentlich ein Zuhause mit der nötigen Wärme. Davon aber kann der 57-Jährige nur träumen: Als Bezieher einer kleinen Rente mit aufstockender Grundsicherung muss er sich seit 14 Jahren mit einer Ein-Zimmer-Wohnung in der Nürnberger Südstadt begnügen. Die aber ist nur mit einem Ofen in der Küche ausgestattet - der mit Gas heizt. So setzt ihm kalte und nasse Witterung besonders zu und dazu jetzt die Angst, dass womöglich das Gas ausbleibt oder dass er es sich nicht mehr leisten kann. Und das, obwohl Grundsicherungsempfängern aktuell höhere Heizkosten zugestanden werden als früher.

Wie es um Lothar G. steht, zeigt nicht zuletzt ein Blick auf seine klapprige Schlafcouch. Die nämlich ist längst durchgelegen - um ein Durchbrechen zu verhindern, hat er die Liegefläche mit Bücherstapeln abgestützt.

Bei Abaz Z. schließlich verschärfen auch kulturelle Prägungen und Traditionen in seinem sozialen Umfeld die schweren gesundheitlichen und sozialen Belastungen: Seine Familie stammt aus Bosnien - und dort ist HIV bis heute mit starken Vorurteilen und einer Stigmatisierung verbunden. "Die Infektion ist ein Tabuthema, nur allerengste Angehörige sind eingeweiht", erläutert der betreuende Sozialpädagoge. Und wie ein Damokles schwebt über ihm die Angst, er könne seine Aufenthaltserlaubnis verlieren. Denn die ist daran gekoppelt, dass er seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann. Natürlich würde er nur allzu gerne arbeiten, seine gesundheitlichen Einschränkungen aber lassen das derzeit nicht zu und zwingen zu größter Bescheidenheit. "Dabei würde er sein letztes Geld für seine Kinder ausgeben, bevor er daran ginge, sich selbst etwas zu gönnen", empfiehlt der Aids-Hilfe-Mitarbeiter die Familie unserer Weihnachtsaktion.


Die „Freude für alle“-Spendenkonten: Sparkasse Nürnberg: DE 63 7605 01 01 0001 1011 11; Sparkasse Erlangen: DE 28 7635 00 00 0000 0639 99; Sparkasse Fürth: DE 96 7625 0000 0000 2777 72. Sachspenden können aus organisatorischen Gründen leider nicht angenommen und vermittelt werden. Für zweckgebundene Zuwendungen genügt die Angabe der jeweiligen Fallnummer. Alle Spendername werden veröffentlicht – wer das nicht wünscht, versieht seine Überweisung bitte mit dem Vermerk „anonym“.

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