Fan-Aufkleber und Graffiti: Stadt kann nur bedingt eingreifen

Johannes Handl

Lokalredaktion

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4.9.2019, 05:46 Uhr
Fan-Aufkleber und Graffiti: Stadt kann nur bedingt eingreifen

© Foto: Roland Fengler

"Bekleben verboten" steht auf dem Stromkasten – direkt über dem rot-schwarzen "FORZA FCN"-Aufkleber, unter dem ein wichtiger "Biernot"-Sticker pappt. Wie an diesem Kasten unweit der S-Bahnhaltestelle Mimberg sieht es an zahllosen Wänden, Laternen und Verkehrsschildern in der Region aus.

Auch in Nürnberg und Fürth prägen Aufkleber und Graffiti nicht nur an Bahnhöfen und in Stadionnähe die Szenerie. Die meisten der dem FCN oder der Spielvereinigung gewidmeten Abziehbilder sollen die Liebe zum jeweiligen Verein zum Ausdruck bringen. Andere, wie der an einer Ampel in der Fürther Jakobinenstraße, fordern schlichtweg "Bier gegen Alltagsstress".

Beim Thema Dekoration bildet Franken keine Ausnahme, wie man an zahllosen Graffiti entlang der A3 Richtung Frankfurt sehen kann, die der Eintracht huldigen. Von den Verhältnissen im Hamburger Schanzenviertel oder in den hippen Kiezen Berlins einmal ganz zu schweigen. Dabei haben bei weitem nicht alle Schriftzüge oder Aufkleber einen Bezug zum jeweiligen Lieblingsverein. Auch Botschaften sämtlicher politischer Spektren sowie Band-Logos und Party-Tipps sind an Stangen, Ampeln und selbst auf Straßenschildern zu lesen.

Viele Bürger haben kein Verständnis für die Slogans und beklagen ein verschandeltes Stadtbild. Die Reinigung geht außerdem richtig ins Geld. 100.000 Euro hat die Stadt Nürnberg dem Service-Betrieb Öffentlicher Raum (Sör) in diesem Jahr zur Verfügung gestellt, um Aufkleber, Schmierereien und Graffiti im Stadtgebiet zu beseitigen.

"Total verstrahlt“ sieht dieses Halteverbotsschild in der Hans-Kalb-Straße aus.

"Total verstrahlt“ sieht dieses Halteverbotsschild in der Hans-Kalb-Straße aus. © Roland Fengler

Bürgermeister Christian Vogel weiß, dass kaum ein Nürnberger unterscheidet, ob es sich bei verschandelten Wänden um städtische Anlagen oder private Grundstücke handelt. Doch oft sind Sör die Hände gebunden. "Ich habe ein Extra-Team eingesetzt, das Graffiti an städtischen Liegenschaften entfernt. Wir können aber nicht an privaten, kirchlichen oder staatlichen Gebäuden aktiv werden", sagt Vogel.

Der Sör-Chef ärgert sich über jede einzelne Schmiererei. Die Stadt hat unter anderem im Nürnberger Westen reagiert. "Wir arbeiten seit längerem mit Anti-Graffiti-Beschichtungen", sagt der Bürgermeister. Sie führen zwar nicht dazu, dass Sprayer unverrichteter Dinge abrücken, Schriftzüge lassen sich aber deutlich leichter entfernen als bisher.

Nicht nur junge Sprüher

Unter Sprayern, die erwischt wurden, waren laut Vogel zuletzt übrigens nicht nur Jüngere, wie man hätte denken können – sondern auch Frauen über 60. Wenn Golfen als Sex des Alters gilt, könnte Graffiti das neue Golfen sein, kann sich Vogel ein Lachen nicht verkneifen.

Die Zahl der Aufkleber immerhin habe sich im Stadtbild deutlich reduziert, glaubt der Sör-Chef. "Das geht sogar so weit, dass wir aus anderen Städten diesbezüglich angefragt werden." Vogel verweist auf ein Projekt mit der Drogenhilfe Mudra, das bereits im zweiten Jahr läuft. Drei Mudra-Angestellte, die früher selbst drogenabhängig waren, sind von Frühling bis Spätherbst zweimal pro Woche in der Innenstadt unterwegs, um Aufkleber zu entfernen.

Beim ersten Einsatz - erinnert sich Mudra-Bereichsleiter für Berufliche Integration, Max Hopperdietzel - haben sich die Mudra-Angestellten den Richard-Wagner-Platz vorgenommen. Als der Bereichsleiter dort ein anderes Mal vorbeikam, sei es nicht so gewesen, dass sofort wieder überall Aufkleber hingen. Generell macht es sich laut Hopperdietzel aber schon bemerkbar, wenn Club-Fans unterwegs sind oder politische Aktionen bevorstehen. Die Arbeit wird den Mudra-Kräften also auch künftig kaum ausgehen.

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