Fußgängerzone am Weinmarkt: Ist das Nürnberg oder schon Italien?

Claudine Stauber

Lokalredakteurin Nürnberg

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14.7.2020, 05:59 Uhr

Sitzen entspannt an weiß gedeckten Tischen auf der Straße, flanieren zwischen mittelalterlichen Häuserzeilen, trinken ein Gläschen an einem aufs Kopfsteinpflaster geschobenen Biertisch. Es sind friedliche Eroberer, die da rund um den Nürnberger Weinmarkt Boden gutmachen. Hier ist jetzt Fußgängerzone, aber an lauen Sommerabenden, wie sie das vergangene Wochenende bot, ist hier auch: Italien.


Verkehr in Nürnberg: Zu viele Autos, immer mehr Radler


Man erkennt eine der schönsten Ecken der nördlichen Altstadt kaum wieder. Bis vor kurzem hat der Asphalt noch den Autos gehört, den fahrenden wie den parkenden. Jetzt probiert die Stadt aus, ob das auch anders geht. Noch eineinhalb Jahre lang läuft der Modellversuch Fußgängerzone, der zeigen soll, ob es funktioniert.

"Mehr Lebensqualität"

Für Elisabeth Most, die um die Ecke wohnt und den Bürgerverein Altstadt leitet, ist das keine Frage. "Wie im Urlaub" fühle sie sich jetzt, wo Crèperien, Bars, Restaurants und Corona-gebeutelte Nachtclubs nach draußen drängen. Entlang der schmalen Irrerstraße stehen Schirme, hübsche Stühle und Tische auf der neuen Promenade, hier kann man den Gästen auf die Teller gucken.

Die Menschen in der Altstadt haben nach aufwändigen Diskussionen dafür gestimmt, sich mehrheitlich das gewünscht, was SPD, Grüne und ÖDP im Stadtrat dann unter der Überschrift "Mehr Lebensqualität" beschlossen haben. Nur die CSU konnte sich mit dieser Lösung überhaupt nicht anfreunden.

Dass hin und wieder noch "Autos durchrauschen, die das nicht dürften", sei ärgerlich, sagt Elisabeth Most. Doch solche Kinderkrankheiten gibt es wohl in jeder neuen Fußgängerzone, die Polizei kontrolliert rege. Derweil trauen sich hier Familien plötzlich nach draußen, lernen Kinder das Fahrradfahren und keiner wird vom Verkehr zur Seite gescheucht. Nur die versprochenen fünf Sitzpodeste aus Holz lassen noch auf sich warten. Im Herbst werden sie installiert.

Insgesamt 26 Parkplätze sind weggefallen und selbst Wirte, die deshalb skeptisch waren, freuten sich jetzt über mehr Gäste. Das sagt Verkehrsplaner Frank Jülich, der erleichtert ist, dass die Kneipen hochwertiges Mobiliar aufgestellt haben.

Die Corona-Krise hat die wundersame Verwandlung des Weinmarkts zusätzlich beschleunigt. Laut Liegenschaftsamt bekamen Gastronomen in der Altstadt ganz unbürokratisch und kostenfrei mehr Platz vor der Türe, um ihr Defizit zu mildern. Auch in der nicht weit entfernten Inneren Laufer Gasse ist das so, wurden Parkplätze vorübergehend gekapert und zu Sitzbereichen umgebaut.

Zum anderen sei jetzt auch dauerhaft mehr Raum für die Außengastronomie vorhanden, der gerne genutzt werde. Das kommt wahrscheinlich nicht allzu oft vor im Amt: Wirte rufen an und bedanken sich für die Unterstützung.

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