Gastro: Alessandro Franco und sein «A Tavola!»
27.2.2009, 00:00 UhrDie große Leidenschaft Francos war schon damals das Kochen; von seiner Mutter hat er sich vieles abgeschaut. Dass er später ein eigenes Restaurant, dazu noch im klimatisch raueren Nürnberg besitzen würde, konnte er nicht ahnen. Für den Sommer 1984 fand Franco eine Stelle als Tellerwäscher im «Lido la Sirena». Das kleine Lokal in Amalfi, rund 40 Kilometer von Sarno entfernt, gibt es heute nicht mehr, damals war es ein beliebter Strandtreff.
Die Mutter, eine Hausfrau, freute sich für ihren Jungen, dass er in den Ferien Geld verdienen konnte; der Vater, ein Maler, war zufrieden, dass der Sohn nicht auf dumme Gedanken kommen konnte; und der Filius – hatte nur Sonne und Strand im Kopf.
Als Nachtquartier dienten Umkleidekabinen am Strand
Francos Anfänge in der italienischen Gastronomie sind heute so schwer vorstellbar wie ein Deutschland ohne Winter. «Ohne Sonne werde ich unruhig», sagt er und nimmt einen Schluck Rotwein. Die entspannte Phase ist angebrochen in seinem Lokal «A Tavola!» (auf Deutsch: «Zu Tisch!»), kurz nach dem Mittagsgeschäft hat Franco etwas Zeit zum Plaudern. Nur noch wenige Gäste sind zu bedienen, und auch beim Koch Roberto Fracella muss er jetzt nicht mehr nach dem Rechten sehen.
Jene Zeit vor 25 Jahren, als Franco als Aushilfe in Amalfi anfing, kommt ihm heute fast unwirklich vor. Mehrere Sommer in Folge verbrachte er dort, stieg in dem Lokal zum Koch auf, bezog aber immer seine ganz eigene Herberge: Zwei aneinander geschobene Holzkabinen, in denen sich sonst tagsüber die Strandgäste umgezogen haben. Was heute in Deutschland Gewerkschafter auf den Plan riefe, verleiht einer Jugend in Italien den Glanz abenteuerlicher Magie. Alessandro Francos Vater hätte es lieber gesehen, wenn sein Sohn die Ausbildung zum Industriemechaniker zu einer Karriere ausgebaut hätte. «Dieser Job war in Sarno wie ein Sechser im Lotto», erinnert sich Alessandro Franco. Mit Anfang 20 wollte er aber zurück zur Passion Kochen. Er vermisste den Umgang mit frischen Zutaten, das Kreativsein am Herd – mit der Arbeit in der Industrie hatte er abgeschlossen.
1991 kam Franco dann das erste Mal nach Deutschland, aus einem Ausflug wurden Jahre. Nur kurz kehrte er noch einmal nach Hause zurück, um wenige Monate später für immer hier zu bleiben. In Erlangen fing er als Koch im Restaurant «Da Pippo» an, im August 1997 eröffnete er dann in Nürnberg sein erstes eigenes Lokal, das ehemalige «Nano» in Johannis. «Ich habe damals Deutsch verstehen können, aber gesprochen habe ich fast kein Wort», erzählt Franco. Als Koch stand er den ganzen Tag in der Küche, Deutsch brauchte er kaum; im «Nano» übernahm seine damalige Frau, eine Deutsche mit italienischen Wurzeln, die Gastgeberpflichten, indem sie den Service führte.
Grinsend erinnert sich Franco an den ersten Abend dort, als Gäste unbedingt ihn, den Küchenchef, verlangten. Eine gefühlte Ewigkeit bekam er Lobhudeleien serviert, bis ihm der Tisch das Wort erteilte. Franco, der wenig verstanden hatte, reagierte wie in einem Sketch: Er setzte sein Lächeln auf, zuckte höflich mit den Schultern – und verschwand wortlos in der Küche.
Nun, mit besten Deutschkenntnissen, feiert Franco Fünfjähriges mit dem «A Tavola!» am Theresienplatz. Von der Rezession wurde sein Lokal kaum erschüttert. «Ich bin begeistert von meinem Publikum», sagt er stolz. Der Zuspruch für seine Vorstellung einer auf das Wesentliche reduzierten italienischen Küche ging nach eigenem Urteil nicht zurück.
«Mir ist das Einfache wichtig», sagt der Vater zweier Söhne. Verinnerlicht hat Franco dieses Leitmotiv in seinen Sommern in Amalfi, als für einen Jungen zwei Umkleidekabinen mehr als ein Zuhause waren.
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