Gefragte Vermittlungsbörse für Freiwillige

27.9.2010, 07:44 Uhr
Gefragte Vermittlungsbörse für Freiwillige

© Böhner

Schnelligkeit ist wichtig. Denn wer einmal den Entschluss gefasst hat, sich ehrenamtlich zu engagieren, will loslegen. Will spüren, dass seine Hilfe willkommen ist. Hans-Jörg Nüsslin kennt das gut. Der 69-jährige Erlanger ist ein Mensch, der Dinge grundsätzlich gleich erledigen will. Der sich bei einer neuen Idee sofort an den Computer setzt. Selbst an Wochenenden, die er eigentlich ehrenamts-frei hält. „Wen ich was in den Kopf kriege, dann will ich es auch fertig machen.“

Nüsslin und sein Freund Jörg Tafel vermitteln Ehrenamtliche. Erlanger Freiwilligen-Initative (ERFIN) heißt die Organisation, die von den beiden dafür gegründet wurde. Kennen und schätzen gelernt hatten sie sich vorher beim Erlanger Seniorennetz. Auch bei ihrem eigenen Projekt hatten sie anfangs die älteren Bürger als Zielgruppe im Blick. „Aber dann haben wir gesagt, das ist Quatsch. Es gibt genug junge Leute, die etwas tun wollen“, sagt Nüsslin. ERFIN wendet sich also an alle.

Sprechstunde im Rathaus

Eineinhalb Jahre feilten Nüsslin und Tafel an dem Konzept bevor sie loslegten. Seit März 2007 betreuen die mittlerweile zwölf Mitglieder der Initiative nun dienstags, mittwochs und donnerstags im Erlanger Rathaus je zwei Stunden Bürger, die sich unentgeltlich engagieren wollen und Vereine, die solche Helfer suchen. Die Stadt stellt dafür Raum, Tisch und Telefon zur Verfügung.

Wichtigstes Hilfsmittel von ERFIN: Der Computer. 850 Datensätze haben sich im Lauf der zweieinhalb Jahre angesammelt. Auf deren sorgfältige und professionelle Verwaltung achtet Hans-Jörg Nüsslin sehr. Denn durch sie lassen sich die Aktivitäten der Initiative jederzeit und in jedem einzelnen Fall nachvollziehen. Damit kann jedes Mitglied an jedem Vermittlungsfall arbeiten. „Es kann ja nicht sein, dass jemand ein Ehrenamt sucht, ich das Anliegen aufnehme und zwei Tage später weiß der, der gerade im Einsatz ist, nicht darüber Bescheid.“

Kontakte vermittelt

Die ERFIN-Mitglieder helfen den potenziellen Ehrenamtlichen anfangs, herauszufinden, welche Tätigkeit ihnen liegen könnte. Dann vermitteln sie den Kontakt zur passenden Institution und organisieren ein erstes Treffen. Später haken sie nach, was aus der Sache geworden ist. Und wenn Helfer und Institution nicht zusammengepasst haben, suchen sie weiter. Über 150 erfolgreiche Vermittlungen weisen die Daten im Computer bisher aus. Fast 1700 Einsatzstunden haben ERFIN-Mitglieder allein an den Beratungstagen im Rathaus bereits investiert. Dazu kommt die Arbeit hinter den Kulissen, zum Beispiel die Kontaktpflege und die Programmierung des Computers.

Rund 20 Stunden pro Woche investiert Hans-Jörg Nüsslin in sein Ehrenamt. „Meine Frau sagt mir, ich habe dich früher mehr gesehen als jetzt“, erklärt er und schmunzelt dabei. Denn auch im Berufsleben als Ingenieur und Computerspezialist bei Siemens hatte er gut zu tun. Vor allem war er viel unterwegs. Genau das aber hatte ihn dazu bewogen, sich sofort am ersten Tag nach seinem Ausscheiden aus dem Konzern 2000 eine ehrenamtliche Betätigung zu suchen. Denn gerade die Aufenthalte in fremden Ländern haben ihm gezeigt, wie gut es ihm geht — und wie schlecht vielen anderen Menschen. Bei Nüsslin entwickelte sich dadurch „Dankbarkeit, dass man einen solchen Status hat, für den man nicht wirklich selbst etwas kann“. Und das Bedürfnis, „der Gesellschaft etwas zurückzugeben“.

Ehrenamt wird immer wichtiger

Außerdem ist er der Meinung, dass sich der deutsche Staat „aus immer mehr Dingen zurückzieht, weil die Finanzen nicht reichen, obwohl es dringend nötig wäre, da was zu tun“. Umso wertvoller wird aus seiner Sicht ehrenamtliches Engagement. „Die Amerikaner sind uns da weit voraus.“ Gut gefallen hat Nüsslin, dass ERFIN bei der Organisation des Bürgergutachtens 2008 mithelfen durfte. Unter dem Titel „Unser Bayern — Chancen für alle“ hatte Ministerpräsident Günther Beckstein Menschen im Freistaat dazu aufgerufen, über die Zukunft ihrer Heimat nachzudenken. Die Ergebnisse sollten, so versprach Beckstein damals, in die Landespolitik einfließen. Die beteiligten Städte und Bürger wählte ein Zufallsgenerator aus. Als der Erlangen erwischte, übernahm ERFIN die lokale Abwicklung der Befragung. Von 200 angeschriebenen Erlangern beteiligten sich am Ende 29 mit konkreten Vorschlägen. Der Vorteil für die Freiwilligen-Initiative: Sie wurde dadurch bekannter.

Preisgekrönt ist Nüsslin auch schon: Die Freimaurerloge verlieh ihm und Jörg Tafel vor einem Jahr ihren „Preis für Humanitäres und Kulturelles Engagement“. Die 2000 Euro, die das der Initiative einbrachte, wurden bisher nicht angetastet. Doch das wird sich bald ändern. Denn damit sollen die Betriebskosten der Internet-Seite gedeckt werden, die Nüsslin gerade mit Hilfe seines Sohnes aufbaut. Eine professionelle Seite soll das werden. Eine, die beim schnellen Vermitteln schnell hilft.

Der Internet-Auftritt von ERFIN wird gerade überarbeitet. Doch die Organisation ist per E-Mail zu erreichen unter freiwilliges.engagement@gmx.de
 

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