Gerhard Wendland: Vom Ringen um die Harmonie

8.5.2015, 12:52 Uhr
Gerhard Wendland: Vom Ringen um die Harmonie

© Matejka

Gerhard Wendland kann ohne alle Übertreibung als einer der wichtigsten Vertreter der abstrakten Nachkriegs-Malerei in Westdeutschland bezeichnet werden. Bereits 1959 waren seine Arbeiten auf der zweiten Documenta in Kassel zu sehen. Seine ein Jahr später erfolgte Berufung an die Nürnberger Kunstakademie erwies sich als ein seltener Glücksfall nicht nur für die Hochschule, sondern auch für die gesamte regionale Kunstszene.

Mit einer Reihe von jungen Nürnberger Malern, darunter später so einflussreiche Persönlichkeiten wie Toni Burghart, Egon Eppich und Max Söllner, gründete er die „Gruppe N“, die erste programmatisch „moderne“ örtliche Künstlervereinigung nach 1945. In der Vorstandschaft der Albrecht-Dürer-Gesellschaft lenkte Wendland den Blick auf neue Tendenzen in der internationalen Kunstentwicklung.

Klassische Vorbilder

Sein eigenes Werk war lange Zeit geprägt von damals schon fast klassischen Vorbildern wie Paul Klee und Joan Miró, aber auch von der lyrisch-abstrakten Malweise der „École de Paris“.

In der Galerie Lutz hängen einige Wendland-Arbeiten, die stilistisch noch sehr an die erwähnten Gründerväter der Abstraktion erinnern, vor allem aber solche Bilder, die des Malers allmähliche Überwindung der besagten Abhängigkeiten dokumentieren.

In den 1960er Jahren entwickelte er einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil. Dessen Kennzeichen waren dichte Kompositionen aus in waagerechten und senkrechten Reihen angeordneten, dezent farbigen Zeichen und Chiffren. Das Ergebnis zeigte entweder eine teppichartige Textur oder es wirkte wie eine Art lockere, ornamentale Notenschrift.

Der allzu wilde, gestisch abstrakte Expressionismus der US-Amerikaner lag Wendland nicht. Er strebte in der Kunst nicht zuletzt nach Ordnung. Bildtitel wie „kräftige Mitte“, „links und rechts“ sowie „komplizierte Einheit“ erinnern an das lebenslange Ringen des Malers um künstlerische Klarheit und Harmonie.

Die vollendete Ausgewogenheit sah er in der Natur verwirklicht. Den dort herrschenden Triebkräften wollte er mit seiner Kunst in aller Bescheidenheit huldigen. Das zeigen in der Ausstellung Bilder wie „biologisches Gefüge“, „befruchtete Erde“ oder „mondbeschienen“.

Das Suchen nach den Wurzeln der Erscheinungen führte Gerhard Wendland in späteren Jahren zur Anthroposophie. Seine „heiligen“ Bücher wurden neben der Bibel und den Werken Goethes die Schriften von Rudolf Steiner. In der Ausstellung belegen das zwei symbolträchtige „Monatsbilder“ aus den frühen 1980er Jahren.

Zwischenspiel

Ein kurzes, aber durchaus originelles Zwischenspiel war einige Jahre davor Gerhard Wendlands Beschäftigung mit der „Op Art“. Mithilfe präziser Linienmuster und geometrischer Farbfiguren hat er überraschende und nicht selten auch irritierende optische Effekte erzeugt.

Dem Betrachter gehen oftmals tatsächlich „die Augen über“. Wendland hat diese Methode nicht nur beim Malen von Tafelbildern angewendet. Er entwarf auch merkwürdige plastische Op-Objekte. Die bekanntesten wurden seine „Tetraeder“-Plastiken, die als Bastelbögen (mit Anleitung zum Selbstzusammenbauen) auf den Kunstmarkt kamen.

Galerie Lutz, Meuschelstraße 51: „Gerhard Wendland/Ausgewählte Arbeiten aus den Jahren 1954–1984“. Bis 23. Mai, Mi.–Fr. 15–19 Uhr, Sa. 11–15 Uhr.

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