Grusel-Geschenke versteigert: "Markt der langen G'sichter"

30.12.2014, 19:42 Uhr
Grusel-Geschenke versteigert:

© Mark Johnston

Florian Binninger hat ein Rentier erstanden. Eines, mit dem man sein Auto maskieren kann. Er will es seiner Freundin schenken, die daheim in Regensburg auf ihn wartet und noch nichts von ihrem Glück weiß. Sie ahnt nicht, dass ihr Liebster mit einem blauen Müllsack voller Dinge heimkommen wird, die andere Menschen verschmäht haben. Eine Babypuppe ist darunter, ein Hundekalender, ein Fotoalbum. Binninger, 32 Jahre alt und Schrotthändler von Beruf, hat vor ein paar Stunden erst von der Veranstaltung in der Villa Leon erfahren und sich gleich ins Auto gesetzt. Trotz des widrigen Wetters.

Nun ist er unermüdlich am Mitsteigern und stolz auf seine Beute. Er mag alte Sachen, organisiert selbst Flohmärkte. Und außerdem, sagt er, diene die Angelegenheit einem guten Zweck. Für jedes versteigerte Objekt gehen zehn Prozent des Erlöses an ein soziales Projekt. In diesem Jahr wird der Global Elternverein in St. Leonhard unterstützt.

Zum 18. Mal findet der „Markt der langen G’sichter“ statt, den der Abfallwirtschaftsbetrieb Stadt Nürnberg (ASN) organisiert. Dem ist daran gelegen, dass Brauchbares nicht einfach in der Tonne landet, nur weil der Besitzer nichts damit anfangen kann. Das Angebot, Unliebsames loszuwerden, wird von der Bevölkerung jedes Jahr mit Begeisterung angenommen. Einmal, weil verunglückte Geschenke durchaus das Potenzial haben, andere Empfänger froh zu stimmen. Und weil alleine schon das Zusehen eine wahre Freude ist: Wer kauft was? Wer zahlt in Nürnberg 42 Euro für einen Fußball und ein Trikot mit Unterschriften der Spieler von Greuther Fürth? „Wir haben unser Stammpublikum“, sagt Heidrun Fahlke vom ASN. „Eine ältere Dame erzählte mir vorhin, dass sie kaum schlafen konnte, weil sie sich so auf die Veranstaltung gefreut hat.“

Auf wundersame Weise findet sich für fast jedes Ding ein Abnehmer. Ob der Auktionator nun Peter Pluschke ist, Nürnbergs Umweltreferent und oberster ASN-Chef, der mit analytischem Blick für die Qualität von Handtüchern in Törtchenform wirbt. Oder ob der Kabarettist Klaus Karl- Kraus auf der Bühne steht und mit fränkischer Strenge Herrenparfüm und Margarinedose anpreist. Das Publikum ist begeistert. Nur ein schwarz-grüner Überzug für Autositze ist ein hartnäckiger Ladenhüter.

Auf einem langen Tisch vor der Bühne liegen und stehen all die Dinge, die sich am Weihnachtsabend als Flop erwiesen haben. Ganze Präsentkörbe sind dabei, ein Mini-Fahrrad, Uhren, Spiele, eine Unterhose im Winterdesign. „Ein Rückenkratzer“ – im wahren Leben ein Salatbesteck – geht für sieben Euro weg, ein weiß-rosa Kissen für fünf Euro. Es findet eben doch noch jedes Ding seinen Platz. Und wenn es am Ende doch nur wieder ein Dachboden ist.

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