Haftstrafe für Polizisten
25.01.2003, 00:00 Uhr Das Gericht unter Vorsitz von Richterin Gabriele Gemählich sah es als erwiesen an, dass der Beamte im Dezember 2001 einen psychisch kranken Mann bei einer Festnahme zunächst mit der Faust in den Magen und später in einer Polizeizelle grundlos und vorsätzlich mit seinem Gummiknüppel niedergeschlagen hatte. Das Opfer, ein an Schizophrenie leidender ehemaliger Metzger, erlitt eine Platzwunde am Hinterkopf und zahlreiche Blutergüsse.
Verteidiger forderte Freispruch
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie eine Geldauflage gefordert, die Verteidigung hingegen auf Freispruch plädiert. Für die ersten und entscheidenden Sekunden in der Arrestzelle gebe es keine Zeugen, führte Verteidiger Maximilian Döbler an. Bei Zweifeln sei für den Angeklagten zu urteilen.
Wie berichtet, hatte der 37-Jährige im Dezember 2001 gemeinsam mit einer Kollegin den Kranken von dessen Wohnung zum Gesundheitsamt und dann zur Polizeiwache gefahren. Von dort sollte er am nächsten Tag ins Bezirkskrankenhaus nach Ansbach gebracht werden. Bereits im Hausflur des Kranken soll der Beamte nach Aussagen der Polizistin den Mann, der ständig vor sich hin schimpfte und Beleidigungen ausstieß, grundlos mit der Faust in den Magen geschlagen haben. Zunehmend genervt von den Beschimpfungen, soll der Beamte ihm dann im Auto Prügel auf der Dienststelle angedroht haben.
Die Kollegin hat ihrer Aussage nach später Schmerzensschreie des Kranken aus der Zelle gehört und gesehen, wie der Polizist mindestens fünf Mal auf den Kopf des Mannes schlug. Schließlich meldete sie den Vorfall.
Vor Gericht hatte der Angeklagte ausgesagt, in Notwehr gehandelt zu haben. Er sei in der Zelle von dem Kranken überraschend angegriffen und in den Unterleib getreten worden. Um sich zu verteidigen, habe er ihn auf seine Pritsche gestoßen und geschlagen. Auf den Kopf des Opfers habe er aber nicht gezielt.
Auch ein Rechtsmediziner, der das Opfer wenige Tage nach dem Übergriff untersuchte, konnte nicht eindeutig klären, wo die Kopfwunde herrührte: Sie könne sowohl von einem Schlag als auch von einem Sturz gegen die Holzverkleidung hinter der Pritsche stammen, hieß es.
Für Richterin Gemählich fehlte jeder Beweis für einen Angriff des 1,59 Meter kleinen Kranken auf den 1,90 Meter großen Beamten. Die Notwehrlage sei vom Beamten nachträglich erfunden worden und eine Schutzbehauptung, sagte sie. Vom Opfer sei an diesem Tag keine Aggression ausgegangen. Wie und wann sich der Polizist seine ärztlich attestierten Verletzungen am Unterleib zugezogen hat, blieb indessen offen.
Macht missbraucht
„Der Angeklagte ist nicht in der Hitze des Gefechts über das Ziel hinaus geschossen“, erklärte Gemählich. Er habe vielmehr seine Macht als Polizeibeamter missbraucht und an dem hilflosen Mann seine Frustration ausgelebt. Dabei sei er mit einer Brutalität vorgegangen, „die einen sprachlos macht“. Mit seinem Verhalten habe er das Ansehen der Beamten massiv beschädigt. Gemählich: „Auch bei der Polizei gibt es schwarze Schafe.“