Hängende Riegel stoßen auf Kritik
9.5.2013, 08:59 UhrLaut Vorstand Johannes Soellner verfolgt die Wohnungsbaugenossenschaft Gartenstadt bereits seit eineinhalb Jahren Pläne zur Nachverdichtung, „auf ausdrücklichen Wunsch der Stadt und des Oberbürgermeisters“, wie der Geschäftsführer betont.
Derzeit stehen drei Standorte zur Debatte: Zwei Hochhäuser mit 70 Wohnungen am Franz-Reichel-Ring in Langwasser, ein Gebäude mit 25 Wohnungen An der Schwarzlach in der Gartenstadt und drei Riegel mit circa 65 Wohnungen im Grünzug zwischen Armin-Knab-Straße und Karl-Rorich-Straße, ebenfalls in der Gartenstadt. Alle Einheiten sollen barrierefrei und damit besonders auf die Bedürfnisse älterer Menschen ausgerichtet sein. In der Gartenstadt wohnen viele in ihrer Mobilität eingeschränkte Senioren, für die es bisher kaum geeignete Wohnungen gibt.
Die Entwürfe des Nürnberger Architekturbüros Michael Neubeck für das Projekt im Grünzug wurden letzte Woche im Baukunstbeirat vorgestellt und diskutiert. Der für das Viertel gültige Bebauungsplan erlaube eine Nachverdichtung, erläuterte Neubeck. Der Grünbereich werde aktuell nur einmal im Jahr als Festwiese genutzt, was SPD-Stadtrat Gerald Raschke jedoch als bedeutsam ansieht.
Eine Etage mehr
Neubecks Konzept sieht vor, dass die Ost-West-Durchlässigkeit erhalten bleibt, ebenso möglichst der Baumbestand und die Grünnutzung. Die vorhandenen Gebäude sollen um eine Etage aufgestockt und mit zwei oder drei „hängenden“ Riegeln verbunden werden. Unten könnte man also weiterhin durchgehen. Zudem sollen neue kleine Gärten entstehen.
Beim Baukunstbeirat stießen die Pläne jedoch auf wenig Gegenliebe. Vorsitzender Willi Egli fragte zunächst, ob der Architekt Humor habe. Der Entwurf erinnere ihn an ein Experiment und eine „fleißige Studentenarbeit“, die insgesamt nicht gelungen sei.
Die Aufgabenstellung sei aber „eine spannende Frage: Wie baut man Städte weiter?“ Der Baukunstbeirat und Siegfried Dengler, Chef des Stadtplanungsamtes, setzen eher auf Aufstockung. Dabei müsse man aber „die Proportionen im Auge haben“ und „das Herzstück erhalten“. Gefordert sei „eine Gesamtbetrachtung“. Statt Häuserzeilen könnten es auch „Punkte“ sein.
Baureferent Wolfgang Baumann betonte während der Sitzung des Baukunstbeirates die Bedeutung der Gartenstadt-Siedlung. Die schon erfolgte Sanierung in dem Bereich sei ein „guter Kompromiss“ gewesen. Für sinnvoll hält er einen Gestaltungswettbewerb, die Nachverdichtung müsse „behutsam“ erfolgen. Wie Dengler anmerkte, müsse der Wettbewerb gut vorbereitet werden. Ein wichtiger Aspekt seien dabei die Energiefrage und die energetische Sanierung. Man könnte ein Blockheizkraftwerk errichten, Geothermie nutzen und gezielt dämmen.
Die von Dengler ebenfalls angeregte Aufstockung um zwei Etagen sei statisch nicht zu realisieren, erklärte Johannes Soellner auf Nachfrage des Stadtanzeigers. Punkthäuser seien unwirtschaftlich. Dabei entstünden nur sechs bis acht Wohnungen, „dafür ist der Aufzug zu teuer“, rechnet Soellner vor. Auch von der Durchführung eines Gestaltungswettbewerbs ist der Genossenschaftsvorstand nicht begeistert: „Wir haben schon einiges in die Planung der Nachverdichtung investiert und müssten wieder bei Null anfangen. Mehr Wohnungen entstünden dadurch auch nicht.“ Bleibe die Stadt bei ihrer Haltung, so müsse auf diesen Standort eben verzichtet werden.
Dass die Stadt die Wohnungsbaugenossenschaft Gartenstadt gebeten habe, über Möglichkeiten der Nachverdichtung nachzudenken, streitet Dengler gar nicht ab. Doch diese Art, wie sie jetzt präsentiert wurde, habe man keinesfalls vorgeschlagen. Der betroffene Grünzug sei das Herz der Siedlung.
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