Hier wacht Sigena in der Nacht . . .

10.10.2008, 00:00 Uhr
Hier wacht Sigena in der Nacht . . .

© Fengler

Daniela Hüttinger, Besitzerin und Geschäftsführerin des Themen-Hotels Drei Raben, öffnet die Tür zum frisch kreierten Martin-Behaim-Zimmer. Wie alle Mythen-Räume erzählen raffiniert angebrachte Details und die von Grafiker Peter Thiele mit viel Humor kunstvoll illustrierten Schriftzüge an der Wand eine Geschichte aus dem alten Nürnberg.

Der Amerika-Umriss prangt als Sandstein-Relief hinter dem Bett: «Auf Behaims Globus fehlt der Kontinent, weil Kolumbus zu dieser Zeit gerade losfuhr», erläutert Daniela Hüttinger. So erscheint Amerika, nach zarter Berührung und mit Hilfe von LED-Leuchten, nun auch auf Behaims «echter» Kugel. Geschmackvoll und beinahe antik, wie auch die eben freigelassene Sklavin «Sigena», die als lebensgroße Gips-Statue das nächste Zimmer (mit-)bewohnt.

Hinter dem dritten Raum-Titel «Nürnberger Erinnerungen» jedoch verbirgt sich ein für Daniela Hüttinger sehr persönlicher Anlass: Ihr Vater Werner Deibel hatte als Kind das Hotel seines Vaters in Schutt und Asche fallen sehen, den Aufbau erlebt, es weitergeführt und bis zu seinem Tod vor wenigen Jahren mitgeleitet.

Fotos des Hotels von einst kann der Zimmerbewohner nicht nur in einem Guckkasten bewundern, auch die Erzählungen Werner Deibels aus der Kriegszeit sind auf Deutsch und Englisch zu hören, während in Sandstein an der Wand der Sinwellturm aus Stadtruinen hoffnungskündend und als Symbol der Beständigkeit emporragt.

Hingebungsvolle Detailfreude lebt in diesen farblich warmen Räumen. Sogar in der Konferenz-Suite «Rabenspiegel», die High-Tech-Bereich, Diskutierecke und Schlafbereich geschickt vereint, erzählen die Raben im Spiegel der Zeiten ihre Geschichten. Ein drehbares, riesiges Sandspiel erinnert an mythenschwangere Sonnenuntergänge, «aber auch an den Sand, das Urmaterial unserer Stadt», erläutert die Chefin. «Hier schließt sich der Kreis», sagt sie und meint die Hotelphilosophie, die sich durch alle 21 Zimmer zieht. «Stammgäste lassen wir wandern, so dass sie sämtliche Zimmer-Geschichten erleben.»

Als Besitzerin eines kleinen Privathotels könne sie den ganzen Aufwand jedoch kaum alleine schultern. «Das ist nur durch die besondere Familien-Konstellation möglich», gibt Daniela Hüttinger zu, deren Mann Axel mit der Firma Hüttinger weltweit interaktive Ausstellungen in Museen plant und produziert. «Da ist man gewohnt, Dinge begreifbar zu machen. Er war der beste Ideengeber», sagt die zierliche Hotel-Chefin bescheiden. «Ich habe die Einfälle dann aufgesogen, um sie in Wechselwirkung umzusetzen.» Ab sofort sind die heimelig-edlen Zimmer ab 120 Euro buchbar. «Ich kenne kein Hotel, Freizeitparks ausgenommen, das dieses Konzept verfolgt. Wir sind ein sogenanntes ,Stand-alone-Projekt‘. Unser Themenpark ist eben die Stadt - und die ist echt!»

Daniela Hüttinger strahlt. Heute Abend werden ihre neuen Räume festlich eingeweiht. Bei rund 80 geladenen Gästen haben sich unter anderem Oberbürgermeister Ulrich Maly wie auch Hotel-Kollege Stefan Rottner und Unternehmer Alexander Brochier angekündigt. Bratwürstchen gibt’s und Musik des «Ensemble Cordatum». Mittelalterliche Klänge - die haben sich die Drei Raben ausbedungen . . . Anabel Schaffer

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