Hitlers Lieblingsmarsch zum Kärwa-Start sorgt für Empörung
5.9.2019, 05:58 UhrEr galt als Lieblingsmarsch des NS-Diktators. Die Leidenschaft Hitlers für das Stück ging so weit, dass er sich den Marsch per Polizeiverordnung ausschließlich für seine eigenen Auftritte reservieren ließ. Dieses schwierige historische Gepäck hielt die "Knoblauchsländer Musikanten" allerdings nicht davon ab, den "Badenweiler Marsch" bei der Eröffnung der Schnepfenreuther Dorfkärwa ins Festzelt zu schmettern – was bei manchen Zuhörern gar nicht gut ankam.
Der Nürnberger Bundestagsabgeordnete Sebastian Brehm (CSU) zapfte am Freitag das erste Fass Bier an. Stadträtinnen und Stadträte waren bei der Eröffnung dabei. Unter den Gästen war auch der Nürnberger Turhan Fettahoglu. Er traute seinen Ohren nicht, als die "Knoblauchsländer Musikanten" Hitlers Lieblingsmarsch anstimmten. Er habe sich schon sehr gewundert, sagt er. "Der Marsch ist hinreichend anrüchig."
So anrüchig, dass der Kärwa-Auftritt der Knoblauchsländer Kapelle Kreise zog. Am Ende schaltete sich ver.di-Gewerkschaftssekretär Ulli Schneeweiß vom Bündnis Nazistopp ein. Er forderte die Musiker auf, das Spielen des Marsches künftig bleiben zu lassen, weil dieser "in besonderem Maße die extreme Rechte anspricht" – und das könne doch nicht im Interesse der Musiker sein.
Das ist es nicht. Georg Pfann, unter dessen Leitung die Blaskapelle immer wieder auf Kirchweihen auftritt, wirkt wie vom Donner gerührt, als er auf den Marsch angesprochen wird. "Ja, den haben wir gespielt. Das war ein Gastwunsch." Ein Besucher habe einen Fünfziger springen lassen für das Stück, erzählt er. "Ich mag den Marsch auch nicht gern. Aber was willst machen." Pfann ist das Ganze hörbar unangenehm. Er hat Sorge, in die rechte Ecke gestellt zu werden. Nie im Leben habe er sich vorstellen können, dass der Marsch solche Wellen schlägt, sagt er und verspricht, ihn aus dem Programm zu nehmen.
Verboten ist der "Badenweiler Marsch" nicht. Ursprünglich hieß er "Badonviller Marsch" und wurde 1914 von dem bayerischen Militärmusiker Georg Fürst für das Königlich Bayerische Infanterie-Leib-Regiment komponiert. Er erinnert an die Schlacht bei Badonviller. Doch weil das Stück durch Hitler vereinnahmt wurde und beim Abspielen Erinnerungen an die NS-Propaganda geweckt werden können, sind Bundeswehr- und Polizei-Musikkorps angewiesen, dieses nicht zu spielen.
Landauf, landab erklingt der Marsch immer wieder. Vor einigen Jahren rief er die Landespolitik in Nordrhein-Westfalen auf den Plan, weil das Stück im offiziellen Programm des Langenfelder (Rheinland) Stadtfestes erklang. Und die NPD erstritt sich 2014 in Münster vor Gericht das Recht, den Marsch auf einer Versammlung spielen zu dürfen. Die Polizei hatte das verboten.
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Auch das Nürnberger Amtsgericht befasste sich schon einmal mit der Frage, ob der Marsch gespielt werden darf – und zwar 1955. "Begeben hatte sich, dass sieben Blechmusikanten bei der Kirchweih in dem Dorfe Ziegelstein den 'Badenweiler Marsch' zum Besten gegeben hatten und deshalb wegen gemeinschaftlichen groben Unfugs angezeigt worden waren", berichtete Die Zeit damals.
Das Gericht sprach die Trompeter frei. Mit einer sehr eigenen Begründung: Der Marsch sei in Wahrheit ein "Marsch der alten bayerischen Armee", die "tapfer, anständig und ritterlich gekämpft hatte". Jeder echte Bayer empöre sich auch heute noch darüber, dass "ein nichtbayerischer Halbzigeuner aus der Hausierersippe der Schicklgruber (Hitler; die Red.) diesen Marsch . . . für seine das ganze deutsche Volk zum Gespött der übrigen Welt machenden Hanswurstiaden, genannt Führergroßkundgebungen, missbrauchen konnte".
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