Hochhäuser sollen neben Klärbecken wachsen

Jo Seuß

Lokales Nürnberg & Stadtanzeiger

E-Mail zur Autorenseite

6.5.2019, 11:59 Uhr
Hochhäuser sollen neben Klärbecken wachsen

© Jo Seuß

Was tun mit einem potenziellen Filetstück im Westen Nürnbergs, bei dem momentan niemand so genau sagen kann, ob und wann es eines Tages zur Verfügung stehen wird? Eine Frage, die sich 2012 auch die Verwaltung im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts Weststadt gestellt hat – mit Blick auf das Klärwerk-II-Gelände, das sich am südlichen Rand des Pegnitztals West entlang streckt.

Hochhäuser sollen neben Klärbecken wachsen

© Jo Seuß

Die Antwort der Kommune tendierte damals eher vorsichtig in Richtung "Radwegnutzung". Etwas mutiger war die etwa gleichzeitig erstellte Studie "Stadt am Wasser": Sie sah immerhin Perspektiven für einen neuen "Süduferpark". Doch der anhaltende Bevölkerungszuzug und der damit verbundene Wohnungsmangel hat nicht zuletzt die Stadtplaner zum Umdenken gebracht: Das Muggenhofer Klärwerk-Areal, das an vielen Tagen unüberriechbar neben der Theodor-Heuss-Brücke beginnt, wird inzwischen als ein "urbaner Raum" gesehen, in dem ein attraktives neues Wohngebiet schlummert. Und da es im Rathaus durchaus Überlegungen gibt, den Klärbetrieb langfristig weiter westlich in der moderneren Anlage in Doos zu zentralisieren, war der Ausgangspunkt für eine spannende Aufgabe für Architekturstudenten an der hiesigen TH geboren.

Monatelanger Arbeitsprozess

"KlärWerk – Konversion und Potenzial Nürnberg Westend" lautete das Thema, das im Sommersemester 2018 als Master-Projekt von Professorin Ingrid Burgstaller in Angriff genommen wurde. Die Ergebnisse nehmen noch bis 8. Mai viel Raum im Offenen Büro der Stadtplaner in der Lorenzer Straße 30 ein. Zudem ist ein fast 200-seitiger Katalog dazu erschienen, in dem die interessantesten Entwürfe, aber auch der monatelange Arbeitsprozess dokumentiert wird.

Hochhäuser sollen neben Klärbecken wachsen

© Jo Seuß

Neben Ortsterminen beschäftigte man sich mit Entwicklungskonzepten und Studien, Flächennutzungsplänen und Mobilitäsfaktoren. Man suchte den Kontakt zu Stadtplanern und nahm die angrenzenden Viertel unter die Lupe, um am Ende individuelle Entwürfe zu formen, die von Stadtplanungsamtschef Siegfried Dengler ein großes Dankeschön bekommen haben. Die Arbeiten seien "viel mehr als Fingerübungen", lobt er, die Studierenden hätten sich zu vielerlei Stadtentwicklungsthemen Gedanken gemacht und nicht zuletzt "diskutiert, wie Geschichte weitergeschrieben werden kann" – und das an einem Ort, den die meisten Einheimischen "noch nie betreten haben". Angesichts dessen ist die Studentenaufgabe für Dengler "der Traum eines jeden Entwicklers" gewesen: "stadtnah, am Fluss gelegen, mit unverbaubarem Blick ins Grün".

Wer die Studentenentwürfe genauer anschaut, stößt auf sehr unterschiedliche Ansätze. Sehr stimmig wirkt die "Uferstadt Nürnberg West" von Sven Vorliczky, der im östlichen Bereich nach Bürokomplexen auch mehrere Wohngebäude mit Innenhöfen aneinanderreiht, aber auf den Erhalt der vorhandenen "Fuchsloch"-Kleingärten großen Wert legt – was nicht alle Arbeiten tun. Zudem hat er einen neuen Hochuferweg oberhalb der Böschung integriert, darunter werden die heutigen Klärbecken in einen Freizeitpark integriert. Erhalten bleiben auch Klärwerkgebäude, die als Kultur- oder Jugendzentrum genutzt werden sollen. Am Westrand sind weitere Wohngebäude in Nord-Süd-Richtung und leicht zickzackförmig gruppiert – insgesamt würden bei ihm fast 1400 Wohnungen neu entstehen, wobei Carsharing und Fahrradförderung zu seinem nachhaltigen Konzept gehören.

Darauf hat Josefine Rapp ebenso geachtet, die vier breite, U-förmige "Bastionen" mit Querriegel zum Wohnen unterhalb der Kleingärten geplant hat. Bei ihr würde der heutige Klärbeckenbereich weitgehend zu einem großen Freizeitgebiet werden. Bei Simone Baiz ist ein "Spiel mit zwei Ebenen" vorgesehen, das im gesamten Umfeld für ein deutlich verdichtetes Wohnen im heutigen Bestand plädiert – 3264 neue Wohnungen wären die Folge.

Es gibt aber auch kühne Hochhaus-Entwürfe – wie bei Quirin Stammler, der bis zu 50 Meter hohe Wohntürme "pflanzt". Noch massiver geht "Kai Gebhardt vor, dessen Modell "Zwischen den Kanten" an das Umfeld des Central Parks in New York erinnert. Sozusagen ein "Muggenhattan" am Rand des Pegnitztals. Über 2700 Wohneinheiten hätten hier Platz.

2 Kommentare