Horch amol: Drohbriefe an Moschee: Wie reagieren Nürnbergs Muslime?
2.12.2020, 17:50 UhrDie Tonlage war noch etwas heftiger als bei jenen Drohbriefen, an die sich die islamische Gemeinde an der Hessestraße schon beinahe gewöhnt hat: Am Ende des Schreibens, das vor einigen Wochen an die Nürnberger Gemeinde und eine Moschee in Dietenhofen ging, war eindeutig von Gewalt die Rede, berichtet Gabriella de Mitri Eljojo von der Moscheegemeinde in der Hessestraße in der aktuellen Folge unseres Podcasts "Horch Amol" im Gespräch mit NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz.
Die Muslima wörtlich: "Zwei Seiten voller Beschimpfungen – das ist nichts Neues." Aber der Verfasser schrieb am Schluss: "Macht ruhig so weiter! Dann ist der Tag nicht fern, an dem wir mit euch das machen werden, was wir früher mit den Juden gemacht haben."
Permanente Bewachung
Zu Gast beim Podcast waren Vertreter des Nürnberger "Rats der Religionen", in dem sieben Glaubensgemeinschaften vertreten sind. Es ging auch um jene dauerhafte Gefährdungslage, in der die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg (IKG) seit Jahrzehnten leben muss. "Das Gefühl zu haben, permanent bewacht zu werden, das hat man nicht so gerne", so Alexander Lissak, Vorstandsmitglied der IKG. "Natürlich wäre es schön, wenn es anders gehen würde."
Von Anfeindungen auch gegen Aleviten berichtet Serpil Saglam, Vertreterin der Aleviten im "Rat der Religionen" – nicht in Nürnberg zwar, aber in Deutschland. Da wurden Häuser gekennzeichnet – "hier leben Aleviten", mit teils folgenden Übergriffen. In Nürnberg gab es vor einem Jahr einen Einbruch in der alevitischen Gemeinde.
"Imame hier ausbilden"
Von Beschimpfungen auf offener Straße erzählt Gabriella de Mitri Eljojo; der offene Anti-Islamismus habe zugenommen, registriert sie. Klar stellte sie sich hinter die Forderung reformorientierter Muslime, die Imam-Ausbildung in deutscher Hand zu organisieren anstelle sie, wie bisher oft üblich, in der Türkei unter Regie der dortigen Religionsbehörde durchzuführen. Paula van den Boogart von der Bahai-Gemeinde Nürnberg appellierte an die gemeinsamen Wurzeln der Religionen.
Praktizierte Feindesliebe
Am Ende skizzierten die Vertreter der Glaubensgemeinschaften kleine Lichtblicke – Signale der Hoffnung in dunklen Zeiten. Nürnbergs evangelischer Stadtdekan Jürgen Körnlein lieferte ein bewegendes Beispiel für Mitmenschlichkeit: Kürzlich bekam er die Info aus der IKG Nürnberg, dass in Tel Aviv ein an Corona erkrankter ranghoher palästinensischer Funktionär behandelt wurde – eine Art praktizierter Feindesliebe, das Körnlein stark beeindruckte. "Ich habe das gleich in meine Predigt eingebaut" sagt er. Und einig waren sich alle, dass die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt – auch die auf ein friedlicheres Zusammenleben.
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