In der Dunkelheit kam die Erleuchtung

17.04.2008, 00:00 Uhr

Es war in den USA, wo der geborene Fürther an einer Fortbildung für intuitive Atem- und Körperarbeit teilnahm. «Ich schritt einen schwarzen Tunnel entlang, der endlos schien. Irgendwann kam ich in einen Raum, der pechschwarz und gleichzeitig gleißend hell war.»

Heute ist Eichmüller klar, was diese Vision bedeutete: «Ich bin aus einer Welt der Materie in eine Welt des Geistes eingetreten - wo Raum, Zeit und stoffliche Masse keine Rolle mehr spielen.» Damit hatte der Franke seine Initiation, noch bevor er einem echten Schamanen begegnete.

«Ich bin kein Indianer-Imitator»

Barfuß kommt der Altdorfer, der in Nürnberg eine Praxis für naturheilkundliche Psychotherapie betreibt, die Treppe herunter. Langes, graues Haar fällt ihm auf die Schultern, um seinen Hals hängt ein Schildkröten-Amulett. Unwillkürlich entsteht vor dem geistigen Auge das romantisch-verklärte Bild eines amerikanischen Ureinwohners, der mit einer Trommel ums Feuer tanzt. Ein Großstadtindianer? Als hätte Eichmüller die Frage geahnt, lässt er die Illusion auch schon zerplatzen: «Ich bin kein Indianer-Imitator», stellt er ausdrücklich klar.

Seit 20 Jahren geht Hugo-Bert Eichmüller inzwischen den Weg des Schamanen, den der «heiligen Pfeife», wie ihn die Lakota-Indianer nennen. Ein Pfad, der ihn immer wieder die Grenzen seines Bewusstseins überschreiten lässt. Seine Sinnsuche nach einer «beseelten Wirklichkeit» führte den Franken von Indien über Neuseeland bis Nordamerika quer über den Erdball. Er besuchte Seminare und saugte das schamanistische Wissen vieler Naturvölker auf - wenn man so will immer auf eine Mitfahrgelegenheit in eine «andere» Realität aus.

Niemand beeinflusste und beeindruckte Eichmüller dabei allerdings so sehr wie Großvater Wallace Black Elk, der sein schamanischer Ziehvater wurde. Zwischen dem Lakota-Indianer und seinem Schüler entwickelte sich eine tiefe Freundschaft.

Mitakuye oyacin - alles ist mit allem verwandt, heißt es bei den «American natives», den amerikanischen Ureinwohnern. Ob Vogel oder Tier, Baum oder Mensch, in allen Geschöpfen, die aus eigener Kraft wachsen, wohnt eine Seele, und alle kommunizieren miteinander.

Nur, sagt Eichmüller, haben die Menschen verlernt, der Stimme der Natur, von Mutter Erde - aus der nach schamanischem Glaube alles Bewusstsein hervorgeht - zu lauschen. «If listen carefully you will hear» - «Wenn du dir die Zeit nimmst zuzuhören, wirst du es hören», erkannte schon die Rastafari-Legende Bob Marley in einem Song. Genau das tut Eichmüller. «Ich halte inne in meiner Getriebenheit.»

Ob Sibirien und Nordamerika, Tibet, Südamerika oder Ozeanien: Schamanismus ist global verbreitet und die Urreligion aller Menschen. Sagt zumindest der bekannte Wissenschaftler und Schamane Mircea Eliade in einem seiner Bücher. Für ihn sind Schamanen «Meister der Ekstase».

«Ein Schamane ist jemand, der willentlich mit Unterstützung eines Hilfsgeistes in einen anderen Bewusstseinszustand tritt, um Kraft, Wissen, Gesundheit aufzuspüren», heißt es bei Eliade. Den Zugang zu diesem transzendentalen Trip ebnen religiöse Rituale wie das der Schwitzhüttenzeremonie - einer der ältesten Reinigungsriten von Körper, Geist und Seele.

Die Hütte stehe für das Zusammenwirken von Mutter Erde, Vater Sonne und Großmütterchen Mond, sagt Eichmüller, der besagte Zeremonie an die 1200 Mal durchlebt hat. In einer mit Planen bedeckten und durch glühende Steine aufgeheizten Kate aus Weidenstäben versetzt sich der Teilnehmerkreis in eine Art Trance, die der 55-Jährige als «traumähnlichen Zustand» beschreibt.

Und was ist mit Rauschmitteln? Die seien absolut tabu, betont der 55-Jährige. Vielmehr öffne die Trommel - den Herzschlag der Menschen auf der Erde repräsentierend - Bewusstseinszustände, die drogenähnlich wirken. Auf diese Weise tritt der Schamane in Kontakt mit Geistwesen, die ihm Informationen vermitteln, welche ihm auf der «normalen» Bewusstseinsebene verborgen bleiben würden. Diese können beispielsweise in Gestalt von Krafttieren auftreten oder auch Ahnen repräsentieren. «Sie geben dir Tipps und Rat - entscheiden musst du selber.»

Schamanen, sagt Eichmüller, seien Mystiker und Heiler zugleich. Dieser spirituelle Weg erfordere Wahrhaftigkeit wie Bodenhaftung und sei manchmal eine Bürde. «Mit einer Schamanen-Show und einmal kurz auf die Trommel hauen hat das nichts zu tun.» Mit Bäumen reden, eintauchen in den Schoß der Erde - ein wenig merkwürdig klingt das in unserer hektischen Welt, in der vor dem Fenster die Autos vorbeisausen, der Kalender hartnäckig zum nächsten Termin drängt und die Kommunikation übers Elektronengehirn abläuft.

Aber auch wenn sich der Vater von vier Töchtern bisweilen auf die metaphysische Wanderschaft begibt, steht er nach eigenen Worten mit beiden Beinen fest auf der Erde. «Die Grundlage des Schamanismus ist der gesunde Menschenverstand. Er ist keine Alternative zur Weltsicht - sondern eine Erweiterung.»

Mehr Infos zum Thema Schamanismus findet man im Internet unter der Adresse www.elementarkreise.de

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