Infernalischer Lärm: Wenn eine Baustelle die Kunden vertreibt

04.04.2014, 05:58 Uhr
Infernalischer Lärm: Wenn eine Baustelle die Kunden vertreibt

© Eduard Weigert

Christina Gallo sieht verzweifelt zur Decke und kämpft mit den Tränen. Zweimal hat sie schon angesetzt, um ihr Leid zu schildern, doch ihre Ausführungen sind beim besten Willen nicht zu hören. Minutenlanges, ohrenbetäubendes Hämmern übertönt immer wieder jegliches Geräusch in ihrer Eisdiele. Und das, obwohl die gläsernen Türen des „Piccola Venezia“ in der Lorenzer Straße, die bei so sonnigem Wetter sonst komplett offen stehen, heute verrammelt sind.

Den Höllenschlund, aus dem der infernalische Lärm quillt, hat sie gut im Blick. Es ist das Sparkassengebäude auf der anderen Straßenseite. Nachdem im Zuge einer energetischen Sanierung in den vergangenen Wochen Fassadenplatten und Isolierungen entfernt wurden, wird nun der Eingangsbereich bearbeitet. Ein Abbruchhammer — eine Art überdimensionierter Pressluftbohrer an einem längeren hydraulischen Arm — bricht immer wieder Stücke aus dem teils meterdicken, massiven Stahlbeton.

Der Lärm, den das gelbe Ungetüm dabei verbreitet, vergrault Gallo nicht nur seit Montag die Kunden, sondern ruiniert auch die Nerven der Eisdielen-Betreiberin. „Die Chefin dreht bald durch“, flüstert Bedienung Concetta Sannino gerade, als aus dem Wandregal hinter ihr plötzlich ein gläserner Eisbecher — offenbar wegen Erschütterungen — heraushüpft und mit einem Knall auf dem Boden zerschellt. „Räum den Rest ab“, haucht Cristina Gallo frustriert, „bevor noch alles runterfällt.“

Grund genug für die Bauordnungsbehörde — „wir leiden als Nachbarn ja auch unter dem Lärm“, sagt Behördenchef Daniel Ulrich —, aktiv zu werden. Schon kurz nach dem Gespräch mit unserer Redaktion steht eine Mitarbeiterin vor der Baustelle und misst. Die „mehr als 90 Dezibel“, die Gallo mit einer Handy-App ermittelt hat, erreicht der Lärm zwar nicht. „Aber der Grenzwert wurde wirklich zeitweise überschritten“, stellt Ulrich fest.

„Vorbildlicher Bauherr“

Dass er in der Vergangenheitsform sprechen kann, liegt daran, dass die Sparkasse laut Ulrich ein „vorbildlicher Bauherr“ ist. Statt langwierigem Papierkrieg ist nur ein Anruf nötig und die Maschinen stehen still. „Wir haben den Abbruchhammer sofort abgestellt“, bestätigt auch Katja Rauscher. Laut der Sparkassen-Sprecherin komme nun ein „aufwendigeres, aber leiseres Verfahren“ zum Einsatz.

Mit der erleichterten Eisdielen-Betreiberin laufen zudem Gespräche über eine eventuelle Entschädigung. „Ich bin sicher, dass es uns gelingt, sie versöhnlich zu stimmen“, sagt Rauscher.

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