Jenaplan-Gymnasium zieht aufs Quelle-Dach

20.02.2010, 00:00 Uhr
Jenaplan-Gymnasium zieht aufs Quelle-Dach

© Weigert

Es fröstelt einen, wenn man hoch droben durch die leeren Büros streift. Urlaubspläne vom vergangenen Jahr hängen an den Pinnwänden, staubige Kaffeetassen stehen herum. Die Quelle-Pleite hat die Menschen vertrieben, die hier gearbeitet haben. Doch ab September wird sich ein Teil des Hauses wieder mit Leben füllen. Dann ziehen 100 Jenaplan-Schüler ein.

«Wir sind so weit«

«Wir sind so weit«, verkündete Bernd Beisse vom Vorstand der gemeinnützigen Jenaplan-Genossenschaft gestern vor der Presse. Die staatliche Genehmigung sei in so greifbare Nähe gerückt, dass man zum Schuljahresbeginn loslegen könne.

Auch die Finanzierung über eine Bank steht. In Bayern müssen private Gymnasien sechs Jahre lang aus eigener Kraft durchhalten, bevor staatliche Zuschüsse fließen. Nur kirchliche Einrichtungen kommen sofort in diesen Genuss. In Nürnberg gibt es neben der privaten Rudolf-Steiner-Schule nur das Gymnasium der evangelischen Löhe-Schule und die katholische Maria-Ward-Schule.

Luftschnappen mit Burgblick

Vorerst wird die Schule lediglich die leerstehenden Büros nutzen. Ein Vertrag über eine Zwischennutzung wurde mit der holländischen Fondsgesellschaft abgeschlossen, der die Immobilie gehört.

Langfristig jedoch will man wachsen und zwei weitläufige Etagen im Osten des denkmalgeschützten Versandzentrums ausbauen. Auf der riesigen Terrasse des ehemaligen Quelle-Gartencenters wird der Pausenhof installiert - Luftschnappen mit Burgblick.

3000 Quadratmeter

Insgesamt 16 Objekte besichtigte die Elterninitiative im Stadtgebiet. Zuletzt habe man sich von Oberbürgermeister Ulrich Maly davon überzeugen lassen, dass Quelle trotz des problematischen Umfelds doch die richtige Adresse sei. Langfristig werde die Privatschule 3000 Quadratmeter nutzen, so Schulsprecher Bernd Beisse. Das zweite reformpädagogische Jenaplan-Gymnasium in Deutschland will seine Arbeit in zunächst vier altersübergreifenden Stammgruppen mit je 25 Schülern beginnen, die immer von zwei Lehrkräften unterrichtet werden. Noch bis zum 31. März läuft die Anmeldefrist.

Der Leidensdruck im staatlichen Schulsystem sei «unglaublich groß«, hieß es gestern unter Hinweis auf G8 und chronisch überfüllte Schulklassen. Dass ein rhythmisiertes Ganztageskonzept, fächerübergreifendes Lernen und eine an den neuesten Erkenntnissen der Hirnforschung ausgerichtete Pädagogik auf viel Interesse stößt, belegen laut Andreas Fürsattel vom Vorstand die bereits vorliegenden 300 Anmeldungen. Trotzdem hofft man auf weit mehr Zuspruch, denn viele Eltern meldeten sich doppelt und dreifach bei mehreren Schulen an. Außerdem werden im Jenaplan-Gymnasium Kinder für die fünfte bis siebte Klasse aufgenommen. Man setzt also auch auf ältere Schüler, die in den Lerngruppen nach Jenaplan eine wichtige Rolle spielen.

Nicht elitär

Trotz des monatlichen Schulgelds von 325 Euro will die Initiative «alles andere als elitär« sein. Wer bedürftig ist oder bereits Geschwister an der Schule hat, müsse weniger zahlen. Um das zu finanzieren, wurde eine Stiftung gegründet, die das neue Gymnasium mit unterstützen soll.

Die Initiatoren zitierten aus Untersuchungen, nach denen Familien durchschnittlich 150 Euro für den Nachhilfeunterricht ihrer Kinder ausgeben. Diese Summe müsse man zum Schulgeld in Relation setzen. Nachhilfe bräuchten Jenaplan-Kinder im Ganztagsbetrieb bestimmt nicht.

Informationsabend

Wie Bernd Beisse, Andreas Fürsattel und Ulrike Eulitz vom Genossenschaftsvorstand haben auch andere interessierte Eltern bereits Erfahrung mit der Unterrichtsform, die der Pädagoge Peter Petersen in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts an der Universität Jena entwickelt hat. Seit sieben Jahren gibt es in Nürnberg eine Jenaplan-Grundschule in der Pillenreuther Straße. Aus der Elternschaft dort kam auch die Initiative für das neue Gymnasium.

Ein Informationsabend für das künftige Jenaplan-Gymnasium findet am Montag, 22. Februar, 19.30 Uhr, im Südpunkt an der Pillenreuther Straße 147 statt.