Jüdische Geschichte sichtbarer machen: Nürnberger CSU plant Begegnungsstätte
29.12.2020, 05:38 UhrIn der Stadt gibt es bereits etliche Erinnerungsorte: das Denkmal für die zerstörte Hauptsynagoge am Hans-Sachs-Platz, Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig vor Wohnhäusern von jüdischen Bürgern, die in der NS-Zeit vertrieben oder ermordet wurden, Straßennamen und Erinnerungstafeln. Auf dem jüdischen Friedhof am Westfriedhof findet jedes Jahr im November ein Gedenken an die Reichspogromnacht statt.
"Zum großen Teil recht unauffällig"
Die Zeugnisse und Spuren seien jedoch "nur sporadisch und zum großen Teil recht unauffällig im öffentlichen Raum" verteilt, meint CSU-Fraktionsvorsitzender Andreas Krieglstein. Er sieht eine "dringende Notwendigkeit", auf weitere, zentrale Orte jüdischen Lebens hinzuweisen, deren Geschichte heute vielen Menschen unbekannt ist.
Der gelernte Betriebswirt denkt unter anderem an den Firmensitz der einst weltbekannten Blechspielzeug-Firma Bing im Stadtteil St. Peter, in dem jetzt das Unternehmen Diehl untergebracht ist. Oder an den überwiegend von Juden betriebenen Hopfenhandel in der Mauthalle und Karolinenstraße sowie an das einstige Bankhaus Kohn, Königstraße 26. Auch das Luitpoldhaus - jetzt Zentrale der Stadtbibliothek - geht auf eine jüdische Stiftung zurück. Ebenso der Neptunbrunnen des Kommerzienrats Ludwig von Gerngroß, der im Stadtpark steht.
1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland
Gerade im nächsten Jahr finden zahlreiche Veranstaltungen zum Thema "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" statt. Hierbei könnte Nürnberg einen zusätzlichen Beitrag neben der geplanten Schau im Fembo-Haus leisten. Die CSU lässt daher von der Verwaltung ein Konzept erarbeiten, wie der jüdische Beitrag zur Geschichte Nürnbergs deutlich gemacht werden kann. "Wir wollen Zeichen setzen, dass wir uns mit dem jüdischen Leben und mit der jüdischen Gemeinschaft in Nürnberg beschäftigen", sagt Krieglstein. Er habe sich bereits mit Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU) intensiv darüber unterhalten: "Sie muss die Angelegenheit in die Hand nehmen."
Der IKGN geht es aber nicht um das Aufstellen weiterer Tafeln oder Denkmäler. Im Gespräch mit der Lokalredaktion hatte IKGN-Vorsitzender Jo-Achim Hamburger vielmehr deutlich gemacht, dass er an einen neuen Begegnungsort denkt. Dort soll man sowohl jüdische Persönlichkeiten aus Nürnbergs Vergangenheit kennenlernen, sich aber auch mit der heutigen Gemeinde beschäftigen. Hier könnte man beispielsweise erklären, wie Kinder Chanukka feiern oder was das Purimfest ist. Fragen zur jüdischen Ethik könnte man hier ebenfalls aufgreifen.
"Ergebnisoffener Dialog"
Direkt auf die Einrichtung eines Begegnungsorts angesprochen, meint Krieglstein zurückhaltend: "Wir sind sehr offen. Es geht jetzt um einen ergebnisoffenen Dialog. Wir wollen 2021 nutzen, uns mit dieser Frage zu beschäftigen."
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