Justizopfer Donald Stellwag wieder im Visier

12.6.2010, 00:00 Uhr
Justizopfer Donald Stellwag wieder im Visier

© Stefan Hippel

Der 52-Jährige gab nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Stuttgart bei dem Überfall auf den Goldtransporter der Neumarkter Firma Hanauer am 15. Dezember 2009 in der Nähe von Ludwigsburg den Tipp. Stellwag, der seit Jahren unter Hirntumoren leidet, lebt im Nürnberger Land. Er ist eng mit einem Schmuckhändler befreundet, der ihn betreut. Er kennt Hanauer, weil er dort gelegentlich Gold zum Einschmelzen abgab. Er kennt außerdem die übrigen Tatverdächtigen, die der Rap-Musiker-Szene angehören. Die Staatsanwaltschaft hält ihn daher für das Bindeglied.

Fünf Verdächtige in U-Haft

Insgesamt gibt es im Zusammenhang mit dem Raub acht Verdächtige, fünf von ihnen sitzen in Untersuchungshaft. Auch gegen Stellwag liegt ein Haftbefehl des Amtsgerichts Nürnberg vor, der aber nicht vollzogen wird, weil der 52-Jährige wegen seiner Krankheit nicht haftfähig ist.

Die Nürnberger Justiz hat den Haftbefehl bereits vorgestern bekannt gegeben, ohne einen Namen zu nennen. Erst jetzt stellte sich heraus, um wen es sich handelt. Laut seinem Verteidiger Manfred Neder beteuert Stellwag seine Unschuld. Er bestreitet irgend eine Beteiligung an dem Überfall.

Verhängnisvolles Ohrgutachten

Stellwag gilt als prominentestes Justizopfer Deutschlands. Er wurde 1994 vom Landgericht Nürnberg-Fürth für einen Bankraub mit Geiselnahme verurteilt, den er nicht begangen hatte. Dafür saß er fünf Jahre unschuldig im Gefängnis. Zwei Wochen nach seiner Entlassung wurde der wahre Täter gefunden. Beide waren auffällig dick und ähnelten sich daher.

Grundlage des Fehlurteils war jedoch ein Gutachten gewesen. Der Experte hatte ihn anhand des unscharfen Fotos einer Überwachungskamera auf Grund seines linken Ohrs »mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit« identifiziert. 2001 wurde Stellwag nachträglich freigesprochen. 2007 wurde der Gutachter dazu verurteilt, ihm 150.000 Euro Schmerzensgeld zu bezahlen.