"Stete Erinnerungsdebatte“

Kolonialoffiziere und mehr Frauen? Weiter Wirbel um Nürnbergs Straßennamen

9.7.2021, 06:08 Uhr
Die Benennung eines Platzes im Stadtteil Loher Moos nach Hermann von Wissmann bleibt umstritten.

© Eduard Weigert, NNZ Die Benennung eines Platzes im Stadtteil Loher Moos nach Hermann von Wissmann bleibt umstritten.

Als der Nürnberger Stadtrat kürzlich darüber zu befinden hatte, die Erschließungsstraße zur neuen Sporthalle am Tillypark nach der Ärztin und Speerwerferin Ingeborg Bausenwein (1920–2008) zu benennen, herrschte große Einigkeit. Der Beschluss fiel ohne Gegenstimme.
Gleichwohl birgt das Thema Straßennamen einigen Diskussionsstoff. So finden Grüne und Linke Liste, dass deutlich mehr Frauennamen im Straßenbild vorkommen müssten, SPD und CSU haben dies ebenfalls schon angemahnt. Die Konservativen schlugen denn auch zuletzt einige verdiente Frauen vor.

Ehrung für Mahlein

Die SPD hätte indes neben der Ärztin Lucie Adelsberger (1895–1971) gerne auch das männliche Gewerkschafts-Urgestein Leonhard Mahlein mit einer nach ihm benannten Straße gewürdigt, die Linke den ersten bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner. Entsprechende Anträge erreichten die Stadtverwaltung in den vergangenen Wochen und Monaten. Viele Bürger fragen sich zudem, warum Andreas Urschlechter trotz seiner 30-jährigen Amtszeit als Oberbürgermeister (1957–1987) noch keine Straße hat.
Umgekehrt ist manche einst auf diese Weise geehrte historische Person im Lichte der zeitgenössischen Betrachtung hochgradig fragwürdig geworden: So sieht nicht nur die Linkspartei in dem Afrika-Forscher und Kolonialoffizier Hermann von Wissmann (1853–1905) wegen der Gewalt und Brutalität, mit der er in Ostafrika Aufstände von Einheimischen niederschlagen ließ, einen fatalen Namenspatron.

Wissmann statt Wissmann

Sie möchte die Straße und den Platz, die im Stadtteil Loher Moos nach ihm benannt sind, umbenennen. Oder auch wieder nicht, denn Linken-Chef Titus Schüller schlägt vor, die Straße einfach einem anderen Hermann Wissmann zu widmen, nämlich einem Gewerkschafter und KPD-Mitglied. Dieser jüngere Wissmann kam 1933 im Konzentrationslager Heuberg ums Leben. Die Linken verweisen darauf, dass die Stadt Hannover im Jahr 2010 so verfahren sei.

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