Messerstecher von Johannis: Staatsanwalt beantragt Sicherungsverwahrung

Ulrike Löw

15.10.2019, 13:19 Uhr
Oberstaatsanwalt Thomas Weyde fordert für den Angeklagten Daniel G. eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.

© NEWS5 / DESK, NEWS5 Oberstaatsanwalt Thomas Weyde fordert für den Angeklagten Daniel G. eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung.

Reue vermag der Ankläger kaum zu erkennen - sitze ihm doch seit sechs Verhandlungstagen Maria H., die Frau, die er am massivsten verletzt hat, gegenüber. Eine Entschuldigung gegenüber der Nebenklägerin kam Daniel G. nicht über die Lippen. Dass die Frauen heute noch leben, sei nur dem Zufall zu verdanken, so Weyde. Er beantragt auch, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe prüft die Strafvollstreckung nach 15 Jahren, ob der Gefangene eine Chance kriegt - sprich, ob der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Diese Automatik nach 15 Jahren wird ausdrücklich außer Kraft gesetzt, wenn in dem Urteil die besondere Schwere der Schuld festgestellt worden ist.


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Der Ankläger greift auch zum härtesten Mittel des Strafrechts - er beantragt Sicherungsverwahrung. Allein die Fülle an Vorstrafen zeige den Hang des Angeklagten zu Straftaten, auch habe der Psychiater den 39-Jährigen Daniel G. in der Zukunft als gefährlich für die Allgemeinheit beschrieben. Wird die Sicherungsverwahrung verhängt, kommt Daniel G. , selbst wenn er seine Strafe abgesessen hat, erst wieder in Freiheit, wenn er nicht mehr als gefährlich gilt.

Daniel G., ein Wohnungsloser aus Sachsen-Anhalt, hat am 13. Dezember 2018 drei Frauen auf offener Strasse ein Messer in den Bauch gerammt. Ankläger Weyde erinnert in seinem Schlussvortrag an die Stunden jenes Abends - bei allen drei Frauen waren die Verletzungen so gefährlich, dass dringend ärztliche Hilfe erforderlich war.

Daniel G. hatte seine Verbrechen bereits im Januar, während er in U-Haft saß, bei einer Vernehmung bei der Kripo gestanden. Ohnehin war die Beweislast erdrückend: Mit Hilfe der Aufnahmen von Überwachungskameras konnten die Stunden vor den Mordversuchen rekonstruiert werden, an der Kleidung des Daniel G. klebte Blut von einer der geschädigten Frauen.

In der Hauptverhandlung wiederholte Daniel G. sein Geständnis über seine Verteidiger. Bereits Stunden vor der Bluttat war er ins Visier der Polizei geraten - er hatte im Discounter Marktkauf am Plärrer eine Flasche Schnaps und ein Messer gestohlen.

Die drei Frauen waren völlig arg- und wehrlos, sie kannten Daniel G. nicht, sein Angriff auf offener Straße kam für sie aus heiterem Himmel. "Sie waren einfach nur zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort - es gibt einfach keine andere Erklärung", so Thomas Weyde.

Im Zeugenstand schilderten die Ärzte, dass die drei Frauen in Lebensgefahr schwebten - gerade bei Maria H. (Name geändert) war offen, ob sie die Tat überleben und nach der Operation wieder aufwachen würde. "Ich konnte förmlich hören, dass dem Chirurg ein Stein vom Herzen fiel, als er hier im Gericht schilderte, wie froh er ist, dass er ihr Leben retten konnte", so der Oberstaatsanwalt.

Was den Angeklagten trieb? Sein Vater sprach vom "Hass auf Frauen", der Angeklagte selbst hatte Wochen vor der Tat eine Polizeiwache aufgesucht und angegeben, dass er ins Gefängnis wolle. "Doch seine Motivation für die Taten ist im Dunklen geblieben", so Weyde.

"Der Angeklagte duckt sich weg"

"Immer wenn es ungemütlich wird, duckt sich der Angeklagte weg" - wettert Maximilian Bär als Nebenkläger in seinem Plädoyer. Während der Verhandlungstage habe Daniel G. geschwiegen, und meist mit gesenktem Kopf zu Boden geguckt. Er habe weder den Mut aufgebracht, sich bei den Frauen zu entschuldigen, noch den Respekt, der Frau, die er am meisten verletzt hat, in das Gesicht zu blicken. Sechs Tage sei ihm Maria H. gegenüber gesessen.

"Sie wollten meine Mandatin töten und Sie haben es nicht geschafft. Meine Mandantin ist das Gegenteil von Ihnen. Sie ist willensstark, sie hat eine Familie, die sie trägt, einen lieben Mann und einen tollen Sohn. Und sie ist wieder schwanger. Sie ist eine starke Frau - und sie weinen nur über Ihr eigenes Versagen. Ihre Reue ist nur Selbstmitleid."

Das Geständnis des Angeklagten will Anwalt Bär höchstens als Teilgeständnis gewertet wissen. Und wirklich folgen könne man der Aussage des Angeklagten nicht - er habe nicht wirklich reinen Tisch gemacht. Erst habe er erklärt, dass es ihm leid tut, wie viel Leid er den Frauen zugefügt hat - und dass er eigentlich einen Raubüberfall begehen wollte. Warum er plötzlich drei Frauen brutal angriff - diesen Sinneswandel habe Daniel G. nicht mit einer einzigen Silbe erklärt.

"Ihre Erklärung entspringen Selbstmitleid, von Reue und Schuldeinsicht keine Spur. Die Wucht und Brutalität, mit der Sie zugestochen haben, zeigt Ihren Vernichtungswillen." Am Nachmittag plädieren die Strafverteidiger des Angeklagten - Günther Bogatz und Udo Freier stellen den Tötungswillen des Daniel G. in Frage - nicht alle drei Frauen hätten in Lebensgefahr geschwebt. Im Übrigen habe Daniel G. während er bereits in Untersuchungshaft saß, selbst um die Vernehmung bei der Kriminalpolizei gebeten - und dort ein Geständnis abgelegt. Die Schwurgerichtskammer will ihr Urteil am Mittwoch sprechen.