"Miss Bundestag" tritt ab: Dagmar Wöhrl verlässt die Politik
14.9.2017, 10:54 UhrWehmut verspüre sie nicht, sagt Dagmar Wöhrl. "Aber nostalgisch bin ich schon." Schließlich sei es eine tolle Zeit gewesen mit tollen Begegnungen. Ursprünglich hatte Wöhrl gar keine Ambitionen für eine Rolle auf der politischen Bühne. Es war Günther Beckstein, der sie geholt hat: Wöhrl, die Seiteneinsteigerin, die Anwältin mit eigener Kanzlei, die Unternehmer-Gattin. Die CSU hatte entdeckt, dass die konservative Partei ein paar Frauen vertragen könnte. Nach vier Jahren im Nürnberger Stadtrat zog sie 1994 in den Bundestag ein.
Die CSU brachte mit Dagmar Wöhrl, die 1977 zur "Miss Germany" gekürt worden war, ein bisschen Glamour ins Parlament und wollte die neue Abgeordnete eigentlich gern mit "Frauenthemen" wie Familie oder Gesundheit betrauen. Doch sie blieb beim Thema Wirtschaft und das durchaus erfolgreich. Wöhrl war unter anderem wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Den Zenit ihrer Karriere erreichte sie als parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. Sie war auch Koordinatorin der Regierung für die maritime Wirtschaft.
Wöhrl sagt von sich, dass sie versucht hat, authentisch zu bleiben. "Bei manchen Sachen war ich nicht konform", fährt sie fort und meint damit, dass sie nicht immer auf Parteilinie war. Die steuerliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften hat sie schon vor Jahren gefordert. Bei der Abstimmung zur "Ehe für alle" stimmte sie mit Ja, auch wenn ihr die Art und Weise, wie die SPD das Thema durchgepeitscht hat, gegen den Strich ging.
Enttäuscht ist sie über ihre eigene Partei beim Thema Tierschutz, weil der im Programm kaum vorkommt. "Wir brauchen einen Tierschutzbeauftragten in der Bundesregierung." Wöhrl gehört zu den Abgeordneten mit den höchsten Nebeneinkünften.
Das hat ihr immer wieder Kritik eingebracht. So war sie unter anderem Mitglied im Verwaltungsrat des Schweizer Sarasin-Bank, die wegen Aktiengeschäften zulasten des deutschen Steuerzahlers unter Beschuss geraten ist. Da sei sie raus, sagt sie.
Und: Sie habe nie versteckt, was sie verdiene. Dagmar Wöhrl bietet sich Unternehmen neuerdings als Beraterin an. Und sie hilft bei der Vox-TV-Show "Die Höhle der Löwen" Gründern auf die Beine. Ihre erste Staffel ist abgedreht, die Verhandlungen für ihre zweite Staffel laufen. Sie konzentriere sich jetzt auf die Dinge, die ihr Freude machten, fährt Wöhrl fort. Dazu gehört auch karitatives Engagement.
9 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen